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Index

Publizistische
Leitlinien

Version: 2024.1.3 18.11.2024

Vorwort

Liebe Kolleginnen
Liebe Kollegen

 

«Das Publikum und der Einsatz für die nationale Kohäsion stehen im Mittelpunkt unseres Handelns. Wir erfüllen unseren Auftrag, wie ihn uns die Bundesverfassung, das Gesetz und die SRG-Konzession erteilen. Am Radio, im Fernsehen und digital orientieren wir uns bei unserer Arbeit an gemeinsamen Normen, welche die Werte des Service public widerspiegeln.»

 

So beginnt die Präambel zur Angebotscharta der SRG. Die Publizistischen Leitlinien ergänzen diese gemeinsamen Normen und setzen den Standard, den wir in unserem gesamten Angebot jederzeit erfüllen. Damit sind sie auch Ausdruck der Verantwortung, die wir alle täglich für die hohe Qualität unserer Arbeit übernehmen.

Die Publizistischen Leitlinien sind die verbindliche Grundlage für alle, die bei SRF direkt oder indirekt an der publizistischen Arbeit beteiligt sind. Auch wer bei SRF im Einkauf, in der App-Entwicklung oder in der Ausstattung tätig ist: Als Mitarbeitende eines öffentlichen Medienhauses mit klarer Positionierung stehen wir alle ein für die Werte und die Haltung von SRF – unter bestimmten Voraussetzungen auch in unseren privaten Posts auf Social Media.

SRF ist ein digitales Service-public-Medienhaus für alle. Digital sein ist kein Selbstzweck, sondern eine Notwendigkeit. Denn immer mehr Menschen informieren, bilden und unterhalten sich, indem sie digitale Medienkanäle zeitlich und örtlich unabhängig nutzen. Da SRF die digitalen und linearen Kanäle gleichwertig bespielt, sind unsere Ansprüche an die publizistische Qualität für alle Teile des SRF-Angebots gleich hoch.

Eines ist klar: Publizistische Leitlinien können und sollen nicht alles bis ins letzte Detail regeln. Journalismus und Publizistik sind keine exakten Wissenschaften. Deshalb versteht die Geschäftsleitung die Publizistischen Leitlinien als lebendige Verfassung, in der Grundlegendes festgehalten ist, das wir bereit sind zu hinterfragen und gegebenenfalls den Veränderungen in der Medienwelt anzupassen.

Die Leitlinien sollen leben, sie sollen gebraucht und in den Teams diskutiert werden. Um dies zu erleichtern sind die Publizistischen Leitlinien über den Link auch als durchgehend lesbarer Lauftext verfügbar. Auf eine gedruckte Version wird indes fortan verzichtet. Einzig gültiges Referenzdokument ist somit die vorliegende digitale Version – auch in der Lauftextversion.

Ich danke euch für einen regen Gebrauch der Publizistischen Leitlinien und für eure aktive Mitarbeit an der Weiterentwicklung dieser Richtschnur für unsere wichtige Arbeit im Dienst einer meinungsvielfältigen Demokratie.

Nathalie Wappler
Direktorin SRF

Einleitung

Die Publizistischen Leitlinien definieren das journalistische Selbstverständnis von SRF: Als Koordinatennetz, an dem wir uns ausrichten, hält es die Qualitätskriterien und Standards fest, entlang derer wir unseren Service-public-Auftrag erfüllen. Es zieht aber auch die Grenzen, innerhalb derer wir SRF-Mitarbeitenden uns zu bewegen haben.

Die Publizistischen Leitlinien sind verbindlich. In der täglichen Arbeit sind sie online immer in Griffnähe und helfen uns Journalistinnen und Journalisten jederzeit, unseren hohen Ansprüchen an publizistische Professionalität gerecht zu werden. Für die Vorgesetzten bilden sie die Grundlage für die Qualitätssicherung und die Basis für publizistische Entscheidungen.

Die Publizistischen Leitlinien sind öffentlich. Daher ist uns bewusst, dass unser Angebot und unser Verhalten als SRF-Mitarbeitende daran gemessen werden.

Die Publizistischen Leitlinien entbinden die Mitarbeitenden nicht von der Eigenverantwortung. Sie lassen Entscheidungsspielraum im Einzelfall. Helfen sie in Ausnahmesituationen einmal nicht weiter, dann ist die vorgesetzte Person zur Beratung beizuziehen. Sind Entscheidungen von grösserer Tragweite nötig, werden diese von den Chefredaktionen gefällt. Die Chefredaktionen beziehungsweise die Abteilungsleitungen sind in einigen Fällen zwingend zu involvieren. Diese Fälle sind in den Publizistischen Leitlinien ausdrücklich erwähnt.

Die Publizistischen Leitlinien sind an mancher Stelle strenger als das Recht. Was rechtlich vielleicht gerade noch zulässig ist, kann es publizistisch nämlich bereits nicht mehr sein. In heiklen Fällen sind der SRF-Rechtsdienst und die Chefredaktionen zu konsultieren.

Die Publizistischen Leitlinien sind nie vollständig oder abschliessend. Aufgrund aktueller Entwicklungen müssen sie mitunter angepasst oder überarbeitet werden. Diese Weiterentwicklung erfolgt partizipativ: Alle SRF-Mitarbeitenden sind aufgerufen, sich aktiv daran zu beteiligen, mit Hinweisen auf Lücken, unverständliche Formulierungen, überholte Inhalte – und ganz wichtig: mit Hinweisen auf gute aktuelle Beispielfälle oder auch qualitätsrelevante Gerichtsentscheide.

Ausserdem können alle Teams oder Abteilungen die Chefredaktionen jederzeit zur Diskussion spezifischer Fragen einladen.

Wichtige Grundlagen und Ergänzungen zu den Publizistischen Leitlinien sind hier zu finden: 

Radio- und Fernsehartikel in der Bundesverfassung (Art. 93 BV)

Radio- und Fernsehgesetz (RTVG), Inhaltliche Grundsätze

SRG-Konzession

Angebotscharta der SRG

Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten (Schweizer Presserat)

SRF Kinder- und Jugendmedienschutzrichtlinien

Charta der Zusammenarbeit in der SRG 

Korruptionsprävention in der SRG  – Weisung zur Annahme und Gewährung von Geschenken und anderen Vorteilen («Antikorruptionsweisung der SRG»)

Nationale KI-Prinzipien der SRG

1

Selbstverständnis

1.1

Demokratie, Service public und Meinungsvielfalt

Professionelle Medien spielen in einer Demokratie eine Schlüsselrolle. Sie ermöglichen es den Bürgerinnen und Bürgern, sich aufgrund umfassender Informationen eine Meinung zu bilden, gesellschaftliche Verhältnisse und Vorgänge zu beurteilen und diese im demokratischen Prozess mitzugestalten. Die Qualität des demokratischen Entscheidungsprozesses und des gesellschaftlichen Dialogs hängt wesentlich von der Qualität der Informationen und vom Stil des Diskurses ab, den professionelle Medien pflegen. In der digitalen Mediengesellschaft haben professionelle Medien die besondere Aufgabe, die Komplexität zu reduzieren, Übersicht zu schaffen, Fakten zu prüfen, unklare Fakten- und Quellenlagen transparent zu machen und Wesentliches vom Unwesentlichen zu trennen.

Der Service public orientiert sich am Gemeinwohl. Er ist der Öffentlichkeit als Gesamtheit verpflichtet. Basis und Referenzgrösse ist der aufgeklärte, demokratische Rechtsstaat mit all seinen Grundwerten und Verpflichtungen. Dazu gehören insbesondere die Bundesverfassung (Medien- und Meinungsfreiheit, Programmautonomie), die Europäische Menschenrechtskonvention und die UNO-Menschenrechtserklärung.

Die SRG-Konzession beauftragt uns, zu informieren, zu bilden, zu unterhalten und Inhalte in hoher Qualität für alle Bevölkerungsgruppen anzubieten. Dabei haben wir die Pflicht, Ereignisse und Entwicklungen nicht nur abzubilden, sondern auch zu vertiefen, zu kontextualisieren und kritisch zu hinterfragen. Wir fördern zudem den Diskurs über alle gesellschaftlich relevanten Sachverhalte und beleben die öffentliche Debatte. Wir stellen die Schweiz in ihrer ganzen Vielfalt dar, verbinden und schaffen Identität. Wir sind mit der Bevölkerung in einem Dialog auf Augenhöhe.

SRF versteht Information als Auftrag, das regionale, nationale und weltweite Geschehen, das für das Schweizer Publikum wichtig und von Interesse ist, in grosser Themenbreite abzubilden und einzuordnen – verständlich, kritisch, schnell und attraktiv. Das Kultur-, Sport- und Unterhaltungsangebot von SRF inspiriert und verbindet die Menschen in der Schweiz.

Sachgerechtigkeit, Meinungs-, Perspektiven- und Themenvielfalt sind in der Berichterstattung von SRF zentral, ebenso die Darstellung und die Reflexion der Diversität der Menschen, der Kulturen und der Sprachen in der Schweiz. Wir geben verschiedenen Perspektiven Raum. Zudem achten wir darauf, dass wir alle Menschen in der Schweiz mit ihren vielfältigen Lebenswelten ansprechen, so wie es die Angebotsstrategie der SRG verlangt.

Wir nutzen die Möglichkeiten, die uns neue Technologien bieten. Dabei achten wir darauf, dass deren Einsatz die Anforderungen an unsere Glaubwürdigkeit erfüllt, wie sie in den Publizistischen Leitlinien definiert sind. Wir verstehen es zudem als unsere Aufgabe, unser Publikum mit den Chancen und Risiken neuer Technologien wie der künstlichen Intelligenz vertraut zu machen und es über die laufende Debatte zu Datenethik und digitaler Ethik im Journalismus zu informieren.

1.2

Sachgerecht, vielfältig, unabhängig

Glaubwürdigkeit ist unser höchstes Gut. Unsere journalistischen Angebote beruhen auf drei Grundsätzen: sachgerecht, vielfältig und unabhängig.

Sachgerecht ist unsere Berichterstattung, wenn sie die verfügbaren Fakten und Argumente in Betracht zieht und nur darstellt, was nach bestem Wissen und Gewissen für wahr gehalten wird. Sachgerechtigkeit setzt bei Journalistinnen und Journalisten Sachkenntnis und Einordnungskompetenz voraus. Sie erfordert Sorgfalt bei der Fakten- und Quellenprüfung sowie Transparenz über den Stand des Wissens und die Plausibilität genutzter Quellen. Sachgerechtigkeit verlangt Fairness bei der Darstellung unterschiedlicher Perspektiven und Meinungen. Sie stellt sicher, dass Personen oder Institutionen Stellung nehmen können, wenn Vorwürfe gegen sie erhoben werden («audiatur et altera pars»).

Zur Sachgerechtigkeit gehört auch, dass Inhalte so vermittelt werden, dass sie verständlich und nachvollziehbar sind.

Vielfältig sind unsere Inhalte, wenn sie Tatsachen, Argumente, Einschätzungen, Erfahrungen und Meinungen zu einem Thema differenziert darstellen. Ein vielfältiges Angebot zeichnet sich durch ein breites Spektrum an Themen, Gästen und inhaltlichen wie formalen Zugängen aus. Das Vielfaltsgebot verlangt zudem, dass die Schweiz in ihrer ganzen Diversität und Pluralität dargestellt wird. SRF-Journalistinnen und -Journalisten gehen informiert und unvoreingenommen auf Themen, Fragestellungen, Personen oder Institutionen zu. Ihre persönlichen Meinungen und Werthaltungen beeinträchtigen nicht ihre Offenheit für neue Fakten, Zusammenhänge und Positionen. SRF pflegt in der Regel keinen anwaltschaftlichen Journalismus. Im Bereich des Konsumentinnen- und Konsumentenschutzes ist dieser jedoch zulässig, wobei grosse Sorgfalt und die strikte Einhaltung der in diesen Leitlinien festgelegten Regeln nötig sind.

Unabhängig ist unser journalistisches Schaffen dann, wenn die Redaktionen keine Ideologie, keine Partei, keinen Verband, keine Institution, Person oder sonstige Interessengruppen bevorzugen oder schonen. Wer bei SRF publizistisch tätig ist, hält kritische Distanz zu allen Gruppierungen des politischen, wirtschaftlichen, kulturellen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens.

Wir lassen uns vom Recht der Öffentlichkeit leiten, ein möglichst faktentreues, vielfältiges Bild der Welt vermittelt zu bekommen. Unser Selbstverständnis ist journalistisch-professionell. Unsere Rolle ist die der kritischen oder teilnehmend Beobachtenden und nicht die von Akteurinnen und Akteuren. Wir machen uns deshalb mit keiner Sache gemein, auch nicht mit einer guten. Wir berichten, wenn das Thema für unser Publikum relevant ist, sind aber nicht Teil einer Kampagne. Das Publikum kann sich auf unsere Fairness, professionelle Distanz und journalistische Integrität verlassen. Wir reflektieren unsere Haltung sowie die Wahl der Themen, Protagonisten, Akteurinnen und Perspektiven regelmässig und überprüfen unser Angebot selbstkritisch auf «blinde Flecken».

Unsere journalistische Integrität verlangt auch nach interner Unabhängigkeit: Journalistische Entscheidungen fällen die publizistisch Verantwortlichen, nicht das Unternehmen. Die interne Unabhängigkeit ist bei SRF gewährleistet.

1.3

Distanz, Emotionen, Nähe und Haltung

SRF-Journalistinnen und -Journalisten wissen, dass Glaubwürdigkeit und Integrität ihre kostbarsten Güter sind. Sie sind sich daher stets ihrer professionellen Rolle bewusst. Sie leben die Standards, die in den Publizistischen Leitlinien definiert sind, und agieren stets als Profis, nie distanzlos, nie als Privatpersonen. Ihre persönlichen Überzeugungen spielen bei ihren Entscheidungen oder ihrem journalistischen Auftritt keine Rolle. Ihre journalistische Haltung basiert grundsätzlich auf der kritischen Distanz sich selbst gegenüber. Sie definieren sich als Beobachtende des Zeitgeschehens, als teilnehmende Begleiter:innen von Menschen und Ereignissen. Sie berichten über das, was sie zu diesem Zeitpunkt nach bestem Wissen und Gewissen für wahr halten. Sie verstehen sich als Vermittlelnde von informativen, sportlichen oder kulturellen Inhalten sowie als Unterhalterinnen oder Diskussionspartner der Nutzerinnen und Nutzer ihres Angebots.

  • Informationssendungen sind sachlich und analytisch. SRF-Mitarbeitende wahren Distanz zu allen Ideologien und Interessengruppen.
  • In der Gesellschafts- und Kulturberichterstattung eröffnen persönliche Zugänge interessante Perspektiven auf eine Diskussion oder ein Werk. Die journalistische Distanz darf allerdings nicht darunter leiden.
  • In der Sportberichterstattung, der Moderation von Musik- und Unterhaltungssendungen oder Radioprogrammen sind Emotionen und Begeisterung Teil des Inhalts. 

Moderatorinnen und Moderatoren wahren aber insbesondere zu politischen und gesellschaftsrelevanten Themen eine kritische und nüchterne Distanz. Sie nehmen dabei als Journalistinnen und Journalisten am Mikrofon oder vor der Kamera eine sachliche und faktenorientierte Haltung ein und unterlassen persönliche Meinungsäusserungen. Dazu gehört bei journalistischen Auftritten auch der Verzicht auf ideelle, politische, religiöse und werbliche Symbole, da diese beim Publikum den Anschein persönlicher Befangenheit erwecken könnten. Ausnahmen von diesem Grundsatz (zum Beispiel in Religionssendungen) bedürfen immer der Absprache mit der jeweiligen Abteilungsleitung.

 

In Talks, digitalen Audio- oder Video-Formaten sowie auf sozialen Plattformen können Hosts und Reporter:innen mehr Facetten ihrer Persönlichkeit und ihrer journalistischen Position aufscheinen lassen. Doch so engagiert und «nah dran» sie auch immer sind: SRF-Journalistinnen und -Journalisten sind weder privat noch distanzlos, sondern immer professionell – wie es ihrer Rolle und ihrem Service-public-Auftrag entspricht. 

Im Livekontakt mit dem Publikum zu Alltagsthemen, bei interaktiven Elementen wie Publikumsspielen, «leichteren» tagesaktuellen Themen wie Wetter und Sport oder bei Musikmoderationen treten Moderatorinnen und Moderatoren als profilierte Persönlichkeiten auf. Sie bilden eine emotionale Verbindung zwischen Liveprogramm und Publikum.

1.4

Zugänglichkeit, Dialog, Qualitätskontrolle

Weil alle Haushalte in der Schweiz eine Medienabgabe bezahlen, wollen wir auch alle Menschen mit unseren Service-public-Angeboten erreichen.

Das heisst für uns:

  • Wir berichten und erzählen Geschichten dort, wo sich unser Publikum und unsere Communitys befinden.
  • Wir liefern Qualität auf allen Kanälen.
  • Wir nutzen dafür die Stärken, Eigenschaften und die Vielfalt der uns zur Verfügung stehenden Kanäle.
  • Wir sind mit unserem Publikum und unseren Communitys im Dialog und beziehen sie aktiv in unsere Diskussionen und Recherchen ein.
  • Unser journalistischer Diskurs, unsere Planungs-, Recherche- und Produktionsprozesse sind darauf ausgerichtet, Inhalte für digitale und lineare Formate zu schaffen.
  • Unsere Inhalte sind technisch zugänglich und dank systematischer Pflege von Metadaten auffindbar.
  • Unsere journalistischen Kriterien sind begründbar und transparent (siehe 2 Themenwahl).
  • Relevanz, Professionalität, Unabhängigkeit, Vielfalt, Zugänglichkeit: Die Einhaltung der fünf Qualitätsanforderungen der SRG-Konzession wird regelmässig überprüft.
  • Wir überprüfen unsere Inhalte, Themen- und Gästewahl, Ansätze und Fragestellungen gezielt auf Biases, «blinde Flecken» oder systematische Einseitigkeiten. Dazu wenden wir bewusst «Debiasing»-Methoden an, wie die Wissenschaft sie vorschlägt.

Wir geben regelmässig Einblick in unser Schaffen und erklären unser Handwerk.

1.5

Diversität und Gleichstellung

Wie in der SRG-Konzession gefordert, macht SRF die Gesellschaft in der Schweiz in ihrer ganzen Diversität hör- und sichtbar. Dazu gehören die Vielfalt an Themen, Perspektiven und Erfahrungen ebenso wie die Diversität derer, die zu Wort kommen – ob hinsichtlich Geschlecht, Herkunft, Ethnie, Alter, sexueller Orientierung, Behinderungserfahrung oder religiöser Zugehörigkeit.

SRF diskriminiert keine Personen und keine Gruppen von Personen. Wir transportieren keine Klischees, vermeiden diskriminierende Zuschreibungen, reagieren sensibel auf gesellschaftliche Entwicklungen und berichten in einer diskriminierungsfreien und geschlechterneutralen (Bild-)Sprache. Das tun wir konsequent, aber unaufdringlich. Dabei differenzieren wir nach Kanal, Format und Zielgruppe, um den Eindruck zu vermeiden, Teil einer Kampagne zu sein. Kritische Selbstreflexion und sorgfältige Abnahmen verhindern unbeabsichtigten Sexismus oder ungewollte Diskriminierung.

Diversität ist somit ein journalistisches Qualitätskriterium, das auf dem Vielfaltsgebot basiert.

2

Themenwahl

2.1

Auswahlkriterien, Relevanz und Publikumsinteresse

Bei SRF wird die Themenwahl von den Kriterien Relevanz und Publikumsinteresse bestimmt. In jeder Publikation muss sich diese Gewichtung spiegeln.

Für die Beurteilung der Relevanz gibt es keine abschliessende Definition. Zur Orientierung dienen folgende Kriterien:

  • Aktualität/Newsgehalt
  • Politische, wirtschaftliche, kulturelle, wissenschaftliche oder gesellschaftliche Bedeutung
  • Geografische, kulturelle, wirtschaftliche oder politische Nähe
  • Bedeutung der vorkommenden Akteurinnen und Akteure
  • Exemplarischer Charakter
  • Exklusivität
  • Bedeutung über den Tag hinaus

Auch das Publikumsinteresse lässt sich nicht abschliessend fassen. Zur Orientierung dienen folgende Kriterien:

  • Nähe zur Lebenswirklichkeit des Publikums
  • Öffentliche Aufmerksamkeit («darüber sprechen alle»)
  • Grosses Interesse in den digitalen Communitys
  • Emotionalität, Dramatik
  • Überraschungseffekt
  • Verfügbarkeit von aussagestarken Ton-, Bild- und Textdokumenten

Die Relevanzaspekte und das Publikumsinteresse sind je nach Publikationskanal unterschiedlich zu gewichten.

Für aktuelle Informationsformate mit hohem Newsgehalt ist die politische, wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung vorrangig. Bei manchen nichtlinearen Angeboten, etwa Podcasts, dominieren hingegen sehr unterschiedliche Interessen. Hier werden enger gefasste, spezifische Zielgruppen anvisiert. Für Themen aus dem Unterhaltungsbereich spielt die Prominenz eine zentrale Rolle. In der Sportberichterstattung kann der emotionale Erlebniswert hoch gewichtet werden. Das Publikumsinteresse ist auch bei sogenannten «Faits divers» oder Boulevardgeschichten (Verbrechen, Unglücksfälle, Sex, People) angemessen zu berücksichtigen, ohne dabei die publizistischen Grundsätze preiszugeben.

Themenwahl, Zugang, Fokus, Gäste und Umsetzung sind immer bewusst gewählt und journalistisch begründbar. Bei der Wahl der Zugänge und Erzählformen nützen wir auch die Erkenntnisse von Datenanalysen.

Dem Onlineangebot werden historische Sendungen aus dem audiovisuellen Archiv von SRF hinzugefügt im Bestreben, interessierten Nutzer:innen umfassende Recherchemöglichkeiten zu bieten. Als unveränderte Zeitdokumente widerspiegeln die Sendungen und Beiträge den damaligen gesellschaftlichen Kontext und können in ihrer Machart, ihrer Sprache oder ihrer Aussage den heute geltenden Konventionen zuwiderlaufen.

2.2

Newsbegriff, Themen und Gattungsspektrum

Unter dem Begriff News verstehen wir bei SRF sowohl Neuigkeiten im engeren Sinn als auch aktuelle Einordnungen, Hintergründe und Vertiefungen – und zwar aus sämtlichen Themenbereichen und allen Gattungen. Einen Newswert können einerseits die Fakten und Ereignisse selbst haben, andererseits auch neue Stellungnahmen, Betrachtungsweisen, Äusserungen und Überlegungen zu bekannten Fakten, Eigenrecherchen und Eigenleistungen. News können auch Bekanntes in einen neuen Kontext rücken.

SRF schliesst grundsätzlich keine Themen von der Berichterstattung aus. Entscheidend sind die Art und Weise der Berichterstattung und die Wahl der geeigneten Zugänge zu einem Thema. Die Gewichtung und damit die Themenwahl bilden einen zentralen Mehrwert unserer Berichterstattung und unterscheiden sich je nach Ausspielkanal.

Es sind alle journalistischen Formen denkbar und es gibt ein breites Spektrum an Möglichkeiten, um Themen aufzubereiten. Je nach Ausspielkanal, Publikationsgefäss und Thema eignen sich gewisse Formen besser und andere weniger.

Auch Fake News können Anlass zur Berichterstattung sein, wenn sie weitverbreitet und von vielen geglaubt werden – zum Beispiel in Form von Faktenchecks (siehe auch 7.2 Faktencheck und Umgang mit Verschwörungsfantasien sowie 4.5 Umgang mit Fake News).

2.3

Distanz zu Protagonistinnen und Protagonisten

Um Aufmerksamkeit zu schaffen, lancieren Akteurinnen und Akteure sowie Interessen- und Lobbygruppen ihre Themen zunehmend nach Marketingkriterien und aufgrund von Überlegungen des Ereignismanagements. Auf die Aufbereitung beziehungsweise die Inszenierung eines Themas legen sie dabei ebenso viel Wert wie auf den Inhalt.

Wir müssen diese Methoden kennen und dürfen uns nicht instrumentalisieren lassen. Bei einer Berichterstattung schaffen wir – wo nötig – Transparenz. Das bedeutet auch, dass wir im Umgang mit Protagonistinnen und Protagonisten Distanz wahren. Problematisch ist nicht nur eine tatsächlich existierende Befangenheit, sondern bereits der Anschein einer solchen. Häufige und regelmässige Kontakte sind zwar aus Recherchegründen unvermeidlich, wenn nicht gar wünschenswert. Es darf daraus aber weder zu grosse Nähe noch eine Loyalitätsbeziehung entstehen. Auch in sozialen Netzwerken gilt es, Distanz zu Protagonistinnen und Protagonisten zu wahren. Wir begegnen auch hochgestellten, einflussreichen und prominenten Personen so höflich, kritisch und distanziert wie allen anderen.

2.4

Themenhypes

Wenn andere Medien ein Thema stärker anheizen, als es bezüglich seiner Relevanz angemessen ist, ist es unsere Aufgabe, die Proportionen zu wahren. Dass ein Ereignis oder ein Thema breit aufgegriffen wird und grosses Aufsehen erregt, besagt noch wenig über seine Bedeutsamkeit. Zumal Themen, die spontan und stark Anklang beim Publikum finden, mancherorts gezielt als Hype inszeniert und weitergetrieben werden. Reflexion statt Reflex gilt hier als Leitprinzip.

Wir halten uns an Fakten und gesichertes Wissen (siehe 7.1 Quellenprüfung). Wir berichten inhaltlich und in der Tonalität unaufgeregt (andere Massstäbe gelten bei der Live-Sportberichterstattung).

Bei besonders grossen oder fragwürdigen Hypes können wir den Hype selbst thematisieren, erklären und situieren. Selbst wenn das Interesse der Medien und des Publikums einbricht, bleiben wir an den relevanten Aspekten dran. Gerade bei Themen, die zu Hypes hochgespielt werden, lohnt sich häufig ein Nachzug, wenn sich die Aufregung gelegt hat und die Konsequenzen sichtbar werden. Indem wir die medialen Mechanismen erklären, können wir auch für Aufklärung sorgen und die Medienkompetenz beim Publikum stärken.

2.5

Themenkontinuität

Wichtige Themen beobachten wir kontinuierlich und greifen sie auf, wenn Neues zu berichten ist. Wir tun dies auch oder gerade dann, wenn sich im Schatten der Schlagzeilen etwas tut und andere Medien nicht berichten. Dafür braucht es bei relevanten Themen (zum Beispiel der Verwendung von Hilfsgeldern nach einer Katastrophe oder der Umsetzung von Wahlversprechen) eine mittel- und langfristige Themenbewirtschaftung. Das erfordert Journalistinnen und Journalisten mit Sach- und Dossierkompetenz sowie eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit.

Besondere Aufmerksamkeit und Sorgfalt ist in der Berichterstattung über Straftaten geboten. Wenn Strafverfahren eingestellt werden oder sich verdächtigte oder beschuldigte Personen im Laufe des Verfahrens als unschuldig erweisen, ist auch darüber im Sinn der Sachgerechtigkeit und Fairness angemessen zu informieren. Dasselbe gilt, wenn sich nachträglich herausstellt, dass Personen zu Unrecht aus Funktionen abgesetzt oder entlassen wurden.

2.6

Sperrfristen

Sachlich gerechtfertigte Sperrfristen sind einzuhalten. Das gilt besonders bei Fristen, die den Medien Zeit zur Vorbereitung einräumen, beispielsweise für die Erläuterung eines Berichts oder einer Ankündigung in einer Medienkonferenz. Das Respektieren von Sperrfristen kann entscheidend sein für das Vertrauen zwischen Informationsquellen und unseren Redaktionen und ermöglicht uns oft erst den Zugang zu Vorabinformationen.

Sperrfristen, die nur dazu dienen, bestimmte Medien gegenüber anderen zu bevorzugen, erachten wir als nicht gerechtfertigt. Finden wir eine Sperrfrist unbegründet, nehmen wir frühzeitig Kontakt mit der herausgebenden Institution auf, damit sie auch andere Medien entsprechend benachrichtigen kann.

Wenn zahlreiche andere Medien mit einem breiten Publikum Sperrfristen brechen, sind auch wir nicht mehr an diese gebunden.

Vor der Verletzung einer Sperrfrist sprechen wir uns wenn immer möglich SRF-weit ab. In solchen Fällen ist jeweils die vorgesetzte Person zu konsultieren.

2.7

Nachrichtensperren

Nachrichtensperren, die unsere freie Themenwahl behindern oder verunmöglichen, akzeptieren wir grundsätzlich nicht.

Unser Vorgehen punkto Nachrichtensperre stimmen wir dann mit den zuständigen Behörden ab, wenn es gilt, Leben und Gesundheit von Opfern und anderen Beteiligten zu schützen. Ersuchen uns Strafverfolgungsbehörden, die Berichterstattung im Interesse der Aufklärung eines Verbrechens ganz oder teilweise zu unterlassen, folgen wir dem nur in überzeugend begründeten Fällen (siehe 7.1 Quellenprüfung, 9.10 Redaktionsgeheimnis, Zeugnisverweigerung, 13.3 Publikationsverbote). In solchen Fällen ist eine Rücksprache mit den Vorgesetzten zwingend.

3

Offenheit und Dialog mit Nutzerinnen und Nutzern

3.1

Reaktionen aus dem Publikum

Der Umgang mit Reaktionen aus dem Publikum hat Einfluss auf die Reputation von SRF und ist daher von grosser Bedeutung. E-Mails, andere digitale Zuschriften und Briefe sind möglichst ohne Verzug sowie in Form und Stil korrekt zu beantworten. Feedbacks und Inputs fliessen punktuell in die Programmgestaltung ein. Der Umgang mit digitalen Communitys ist im Folgeabschnitt 3.2 Umgang mit digitalen Communitys beschrieben.

Grundsätzlich bearbeitet der Publikumsservice die telefonischen und schriftlichen Anliegen des Publikums zu TV, Radio und zum Onlineangebot. Möchte eine Redaktion auf eigenen Wunsch die gesamte Bearbeitung der Anliegen übernehmen, die die eigene Redaktion betreffen, legt die Redaktion die entsprechenden Verantwortlichkeiten fest und organisiert die Abläufe. Bei Anliegen, die direkt an die Redaktion gelangen, ist der Publikumsservice vor einer direkten Beantwortung auf jeden Fall zu kontaktieren, um Doppelspurigkeiten zu vermeiden.

Wenn der Publikumsservice zur Beantwortung der Anliegen auf Unterstützung von Ansprechpersonen aus den Redaktionen angewiesen ist, versendet er sogenannte Expertinnen-/Expertenanfragen.

Auf Zusendungen jeglicher Art von Werbematerial (zum Beispiel Bücher, DVDs) müssen wir nicht reagieren. Bei Beschimpfungen gilt abzuwägen, ob eine Antwort gerechtfertigt ist. Auf anonyme E-Mails (Pseudonym als Absender) antworten wir grundsätzlich nicht. Bei Drohungen sind der Sicherheits- und der Rechtsdienst von SRF zu informieren (gemäss interner Guideline «Umgang mit Publikumsanliegen im Publikumsservice»). Bei Reklamationen, die Beanstandungscharakter haben, muss auf die Möglichkeit hingewiesen werden, an die Ombudsstelle zu gelangen.

3.2

Umgang mit digitalen Communitys

Wir kreieren Communitys um unseren Journalismus herum, das heisst um unsere Themen und um unsere Schlüsselpersonen. Wir arbeiten für und mit Useri:nnen, auf Augenhöhe und im dialogischen Austausch. Wir geben User:innen auf unseren Plattformen eine Stimme und machen sie zu Mitwirkenden, indem wir sie von Beginn weg einbinden – nicht erst als Konsument:innen fertiger Geschichten. Wir verstehen die Community als integrativen Bestandteil unserer journalistischen Arbeit: User:innen werden in die Nachrichtenbeschaffung («News Gathering») miteinbezogen und ihre Inputs sind Quellen für Geschichten und Weiterzüge. Ausserdem betrachten wir sie als Mitdenkende, die zur Berichterstattung beitragen können. Dabei unterziehen wir eingehende Informationen und Materialien stets einem Faktencheck oder zumindest einer Plausibilitätsprüfung, bevor wir diese für unsere Publikationen verwenden. Auch benennen wir immer die Quelle.

Wir nehmen unsere Rolle als Interaktionsmedium mit einem Service-public-Auftrag ernst: Wir lösen mit unseren Inhalten Diskussionen aus und schaffen und administrieren Räume für Debatten auf den eigenen Plattformen und innerhalb der sozialen Medien. Dabei wird unsere Ansprache dem Zielpublikum gerecht. Unsere Expertinnen, Fachredaktoren und Korrespondentinnen bringen sich aktiv in die entsprechenden Debatten ein, steuern Fakten bei, liefern Hintergründe und demonstrieren auf diesem Weg Authentizität, Nahbarkeit wie auch Kompetenz.

Wir stellen uns der Kritik und legen unsere publizistischen Entscheide offen. Wir sagen, auf welche Fragen wir Antworten suchen, aber auch, was wir nicht wissen.

Wir halten aktiv Ausschau nach Communitys, um eine thematische Vielfalt zu gewährleisten und neue Nutzungsgruppen zu erschliessen. Wo es sinnvoll erscheint, schaffen und pflegen wir neue, spezifische Interessengruppen. Wir stärken die Beziehungen zu den User:innen, indem wir aktiv den Austausch mit ihnen suchen und auf Themen setzen, die sie interessieren.

In den Kommentarspalten eigener oder externer Plattformen reagieren wir schnell auf direkte und sachliche Fragen und bedanken uns für Lob oder sachliche Kritik. 

Wir reagieren nicht auf Provokationen, unkonstruktive Kritik und verbale Angriffe.

Die Netiquette für unsere eigenen Plattformen und für unsere Kanäle auf Drittplattformen sind verbindliche Benimmregeln. Sobald Diskussionen abzudriften drohen, erfassen wir einen Kommentar, der zur sachlichen Diskussion zum Thema mahnt und auf die Netiquette verweist.

Kommentare auf unseren eigenen Plattformen, die gegen die Netiquette verstossen, schalten wir nicht frei. Bei Verstössen auf unseren Social-Media-Kanälen löschen wir den Kommentar.

Wir sperren User:innen möglichst selten. Wird jedoch mehrmals gegen die Netiquette verstossen, kann jemand gesperrt werden. Bei einem groben Verstoss gegen die Netiquette (zum Beispiel Gewaltverherrlichung, rassistische oder homophobe Äusserungen oder Spam) können User:innen umgehend und ohne Vorwarnung gesperrt werden. Bei Drohungen gegen SRF-Mitarbeitende wird der Sicherheitsdienst von SRF informiert.

SRF duldet keine Hasskommentare gegen SRF-Mitarbeitende. Die Verfasser:innen solcher Kommentare werden umgehend gesperrt und es werden rechtliche Schritte geprüft. Mitarbeitende, die von Hasskommentaren betroffen sind, erhalten Hilfe über die interne Sharepoint-Seite Stop Hate Speech@srf.


Wenn Themen auf unseren Kanälen aufflammen, die das gewöhnliche Ausmass und Spektrum an Kritik sprengen und ein Reputationsrisiko für SRF in sich bergen, etwa breit orchestrierte diffamierende Reaktionen und Kommentare gegen Inhalte oder Personen («Shitstorms»), ist das Social-Media-Team der Kommunikation in Kenntnis zu setzen.

3.3

Verlinkung von Online-Inhalten

Links zu externen Internetseiten auf unseren eigenen digitalen Plattformen und in den Posts auf unseren Social-Media-Kanälen dienen der Ergänzung, Vertiefung oder Erläuterung eines Themas. Sie werden ausschliesslich nach publizistischen Kriterien gesetzt und dürfen nicht kommerzialisiert werden (siehe SRG-Konzession Art. 13 Abs. 6 sowie Art. 18 Abs. 2 Bst. f).

Externe Links müssen zudem klar als solche gekennzeichnet sein. In den Nutzungsbedingungen wird darauf hingewiesen, dass SRF keine Verantwortung für fremde Inhalte übernimmt. Wir verlinken keine Seiten, die unseren journalistischen oder ethischen Standards widersprechen (zum Beispiel gewaltverherrlichende oder jugendgefährdende Angebote).

Beim Markieren («Tagging») von Personen, Organisationen oder Bewegungen von Aktivist:innen in Posts auf den sozialen Medien üben wir grösste Zurückhaltung. Auch hier gilt: Wir halten kritische Distanz zu allen Gruppierungen des politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Lebens.

Wollen Aussenstehende auf eigenen Websites, Blogs etc. Links zu SRF-Websites setzen (beispielsweise auf Beiträge über sie selbst), sind die erwähnten Nutzungsbedingungen massgebend.

3.4

Umgang mit Fehlern und Berichtigungen

Die klare und unmissverständliche Korrektur von Fehlern dient der publizistischen Glaubwürdigkeit. Es ist wichtig, dass wir Fehler rasch verbessern, um zu verhindern, dass sie sich in nachfolgenden Sendungen, auf den digitalen Kanälen und via Archiv weiterverbreiten können.

Richtigstellungen auf dem Sender sind daher Pflicht, denn wir müssen davon ausgehen, dass das Publikum einen Fehler nicht ohne Weiteres als solchen erkennen kann. Stellen wir einen Fehler während einer laufenden Sendung fest, korrigieren wir diesen nach Möglichkeit sofort.

Stellen wir einen Fehler erst im Nachhinein fest, korrigieren wir ihn in der nächsten Ausgabe der gleichen Sendung an zeitlich gleicher Stelle, an der er uns in der vergangenen Sendung unterlaufen ist. Dasselbe gilt für Podcasts. Auf den eigenen Plattformen weisen wir nach Möglichkeit auch im Begleittext der fehlerhaften Ausgabe auf den Fehler hin und korrigieren ihn.

In Onlineartikeln korrigieren wir falsche Schreibweisen oder andere kleine Fehler direkt im Artikel. Inhaltliche Fehler korrigieren wir im Text und fügen eine Textbox hinzu, die beschreibt, welchen Fehler der Text in einer früheren Fassung enthielt. Kam der Hinweis von User:innen in den Kommentarspalten, bedanken und entschuldigen wir uns ebenfalls in einem Kommentar. 

Bei inhaltlichen Fehlern in Posts auf Social-Media-Kanälen verfassen wir einen Kommentar, der den Fehler im ursprünglichen Post beschreibt, und entschuldigen uns dafür. Kam der Hinweis darauf von User:innen, bedanken wir uns zusätzlich dafür.

Digitale Videoangebote, die gröbere Fehler enthalten und damit die Meinungsbildung verfälschen, korrigieren wir nachträglich, sofern dies zeitnah möglich ist, und laden diese erneut hoch. Bei kleineren Fehlern reicht es, wenn wir im Begleittext oder in der begleitenden Inhaltsbeschreibung auf den Fehler aufmerksam machen und uns dafür entschuldigen.

Soll aufgrund einer klaren Fehlleistung ein Beitrag aus dem digitalen Angebot entfernt werden, geschieht dies nur mit Genehmigung der publizistisch verantwortlichen Bereichsleitung. Vor der Löschung ist darüber auch der Rechtsdienst zu informieren.

3.5

Meinungsumfragen

Bei der Veröffentlichung von politischen Meinungsumfragen vor Wahlen und Abstimmungen hält sich SRF an die Regeln der Branchenvereinigung Swiss Interview. Unter anderem schreiben diese vor, dass eine Ausgangsstichprobe mindestens 1000 Stimmberechtigte umfassen muss.

Im Rahmen der Berichterstattung über Meinungsumfragen müssen die folgenden Aspekte erwähnt werden:

  • Umfrageinstitut
  • Auftraggebende
  • Befragungszeitraum
  • Durchführungsart (persönlich oder telefonisch)
  • Zahl der Befragten
  • Fehlermarge bei den einzelnen Aussagen
  • Kernwortlaut der Fragen

Meinungsumfragen sollen generell als Momentaufnahmen und nicht als Prognosen präsentiert werden. Wenn die Fehlermarge einer Umfrage mehrere mögliche Ergebnisse eines Urnengangs zulässt, muss in der Berichterstattung darauf hingewiesen werden. Ebenfalls zu erwähnen sind Ereignisse, die Einfluss auf die Meinungsbildung haben können. Journalistinnen und Journalisten, die über die Resultate von SRG-Umfragen berichten, sind verpflichtet, vorgängig am Briefing des jeweiligen Umfrageinstituts teilzunehmen.

Meinungsumfragen dürfen nur bis zehn Tage vor dem Abschluss des Urnengangs veröffentlicht werden.

Bei Themen, zu denen SRF eigene Umfragen realisiert, verzichten wir in der Regel darauf, über Umfragen zu berichten, die andere in Auftrag gegeben haben.

4

Erhöhte Sorgfaltspflicht: Heikle Themen, Fristen und Formen

4.1

Besondere Sorgfalt

Für Berichte über politisch kontroverse oder wirtschaftlich und gesellschaftlich heikle Themen gelten dieselben journalistischen Prinzipien und Herangehensweisen wie für alle anderen Themen. Allerdings ist bei solchen Inhalten dem Ton und Stil besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Dies gilt auch für den Einsatz von Gestaltungselementen wie Bild und Ton (Musik und Geräusche). Das Schadenspotenzial für unsere Glaubwürdigkeit ist beträchtlich, wenn wir hier – auch formal – Fehler begehen und uns im Ton vergreifen. Wer an heiklen Themen arbeitet, muss die direkten Vorgesetzten darüber informieren. Bei Geschichten, die SRF in eine rufschädigende Kontroverse verwickeln könnten, sind zudem zwingend die Abteilungsleitung zu informieren und die Chefredaktionen zu konsultieren.

Wollen Redaktionen aus den Abteilungen Kultur, Unterhaltung, Sport oder aus den Radioprogrammen Gäste aus Politik oder Wirtschaft zu heiklen, aktuellen Themen einladen, ist das vor der geplanten Einladung mit den Chefredaktionen abzusprechen. Herrscht Uneinigkeit, entscheiden die Chefredaktionen.

Wenn umgekehrt Informationsformate Protagonisten und Akteurinnen aus anderen Gattungen zu heiklen, aktuellen Themen befragen, haben sie dies mit den zuständigen Fachbereichen abzusprechen.

SRF spielt für die Meinungsbildung der Schweizer Stimmberechtigten im Kontext von Wahlen und Abstimmungen eine Schlüsselrolle. Das gilt vor allem auf nationaler und kantonaler, teilweise auch auf lokaler Ebene. Deshalb sind hier die Anforderungen an Sachgerechtigkeit, Meinungsvielfalt und Fairness in der Berichterstattung besonders hoch.

4.2

Fristen vor Abstimmungen

Im Vorfeld von Abstimmungen gelten spezielle Regeln: Die SRF-Redaktionen achten darauf, dass im Gesamtangebot Pro- und Kontra-Positionen insgesamt fair zu Wort kommen und dass die Berichterstattung ein hohes Mass an relevanter, sachlicher Hintergrundinformation enthält. Ausserdem sind die Fristen zu beachten.

Zum Grundangebot im Vorfeld nationaler Abstimmungen gehören in den Informationssendungen von Radio und Fernsehen sowie auf der News-App Berichte über die Positionen des Pro- und Kontra-Lagers sowie die Medienkonferenz des Bundesrats. Berücksichtigt werden ausserdem die Parolen der Bundesratsparteien, die meistens auf Parteitagen/Delegiertenversammlungen beschlossen werden, sowie die Parolen der Parteien, die im Parlament Fraktionsstärke haben.

Für manche Formate gilt diese Grundberichterstattungspflicht nicht: Dazu gehören Podcasts, die lediglich punktuell über Abstimmungen berichten und in denen häufig nur Einzelaspekte aufgegriffen werden, sowie Erklärvideos und andere nichtlineare Formate (Youtube, Instagram etc.). Wir müssen jedoch auch in nichtlinearen Formaten sicherstellen, dass die jeweilige Gegenposition zumindest als (Gegen-)Frage vorkommt oder als Einwand explizit eingebracht wird, selbst wenn zum Beispiel ein Podcast einen sehr spezifischen, engen Fokus hat. Auch in nichtlinearen Formaten muss erkennbar sein, wo die Frontlinien verlaufen. Die gänzlich einseitige Berücksichtigung lediglich eines Lagers ist nicht zulässig.

Für die Berichterstattung über den Pflichtstoff hinaus gelten auf unseren Kanälen verschärfte Sorgfaltspflichten und strenge journalistische Kriterien. Wir berichten nur über Ereignisse und Entwicklungen, die einen Nachrichtenwert und eine hohe Relevanz haben. Grosse Zurückhaltung üben wir bei primär zwecks Medienberichterstattung inszenierten Anlässen, Kundgebungen, Auftritten von Prominenten etc. Das gilt auch, wenn Sport- oder Kulturveranstaltungen als Vehikel für politische Aktionen eingesetzt werden. Wir bieten Aktivistinnen und Aktivisten unmittelbar vor Abstimmungen keine einseitige Plattform.

Je näher der Abstimmungstermin rückt, umso wichtiger sind Sorgfalt, Sachgerechtigkeit und Vielfalt.

Durch die Aktualität diktierte und journalistisch begründbare Berichte über Abstimmungen sind jederzeit möglich, auch kurz vor dem Abstimmungssonntag. Allerdings muss es sich in diesem Fall um News von hoher Relevanz handeln.

Mit der entsprechenden Medienkonferenz des Bundesrats beginnt die Phase des Abstimmungskampfs. Ab diesem Moment gilt es, in der Gesamtheit unserer Berichterstattung zu einer Vorlage die unterschiedlichen Positionen angemessen und mit ihren zentralen Argumenten zu Wort kommen zu lassen. Dabei gelten das Vielfalts- und das Fairnessgebot.

Eine besondere Sorgfaltspflicht gilt für alle Diskussionsformate, Talksendungen und Einzelauftritte von Protagonistinnen und Protagonisten. Hier ist während des gesamten Abstimmungskampfs auf eine vielfältige und faire Besetzung zu achten. In den letzten drei Wochen vor einem Urnengang gibt es keine Einzelauftritte mehr von Exponentinnen und Exponenten, die diesen einseitig eine Plattform bieten.

Bei Volksinitiativen ist in der Öffentlichkeit die eigentliche, vollständige und mitunter umständliche Bezeichnung oft weniger geläufig als es abgewandelte Versionen sind (zum Beispiel Burkainitiative statt Initiative für ein Verhüllungsverbot). Wir verwenden aus Verständlichkeitsgründen häufig den vertrauten Kurzbegriff. Entscheidend ist, dass für das Publikum klar ist, welche Initiative wir meinen.

Diese Bestimmungen gelten verbindlich für alle Gattungen, Formate und Kanäle (inklusive Youtube-Formaten und Podcasts). Ausgenommen ist einzig die Satire ().

4.3

Fristen vor Wahlen

Die grundsätzlichen Überlegungen und Vorgaben zur Berichterstattung vor Abstimmungen gelten sinngemäss auch für die Berichterstattung vor Wahlen.

Im Vorfeld vor Wahlen dürfen ohne spezielle Gründe, zwingende Aktualität und hohe Relevanz –, keine Einzelporträts und Einzelinterviews publiziert werden – sofern nicht auch die anderen Kandidatinnen und Kandidaten vergleichbare Auftrittsmöglichkeiten erhalten. Das gilt auch für Auftritte in Unterhaltungs-, Kultur-, Talk- und Sportsendungen. Gerade sie bergen grosses Profilierungspotenzial und könnten den Eingeladenen Vorteile gegenüber der Konkurrenz verschaffen. Ausnahmen sind fachlich und mit wichtiger Aktualität begründbare Auftritte (Beispiel: Die Präsidentin eines Volleyballclubs kann die Entlassung eines Trainers erläutern, obschon sie für den Nationalrat kandidiert).

Wir bieten Kandidierenden während des Wahlkampfs keine einseitige Plattform. Vor nationalen Wahlen sind Einzelauftritte von Kandidierenden in Unterhaltungs-, Kultur- und Sportsendungen ab sechs Monaten vor dem Wahltermin mit den Chefredaktionen abzusprechen. Für Informationssendungen gilt diese Konsultationspflicht ab drei Monaten vor dem Wahltermin. In diesem Zeitraum gilt wie vor Abstimmungen ebenfalls die besondere Sorgfaltspflicht für alle Diskussionsformate, Talksendungen und Einzelauftritte von Protagonistinnen und Protagonisten. Hier ist während des gesamten Wahlkampfs auf eine vielfältige und faire Besetzung zu achten. In den letzten drei Wochen vor einem Urnengang gibt es keine Einzelauftritte mehr von Kandidierenden, die diesen einseitig eine Plattform bieten.

Bei kantonalen und lokalen Wahlen gelten die Bestimmungen ab zwei Monaten vor dem Wahltermin. Bei zweiten Wahlgängen, die meist kurz nach dem ersten Urnengang stattfinden, werden die Fristen mit den Chefredaktionen festgelegt.

Für die Zulassung von Parteien und Kandidierenden zu Wahlsendungen gelten spezielle Regeln. Kriterien sind die publizistische und die politische Relevanz (zum Beispiel bisherige Kräfteverhältnisse). Die Kriterien sollen Transparenz schaffen. Ihre Einhaltung muss überprüfbar sein und sie müssen nach aussen nachvollziehbar begründet werden können.

Muss bei der Besetzung von Wahlpodien aus medienspezifischen Gründen und im Interesse des Publikums (Verständlichkeit eines Texts oder Hörverständlichkeit am Radio / im Podcast) die Anzahl der Teilnehmenden begrenzt werden, ist dies zulässig. Die Ausschlusskriterien müssen sachlich nachvollziehbar sein (zum Beispiel geringe Sitzzahl einer Partei in einem Parlament). Vom Podium ausgeschlossene Kandidierende sollen dort nach Möglichkeit zumindest erwähnt werden. Denkbar ist auch, dass sie in einem anderen Format vorkommen.

Diese Bestimmungen gelten verbindlich für alle Gattungen, Formate und Kanäle (inklusive Youtube-Formaten und Podcasts). Ausgenommen ist einzig die Satire (siehe 4.8 Satire).

4.4

Analysen, Kommentare

Die Newsanalyse ist ein klassisches journalistisches Element. Sie bietet einen Mehrwert gegenüber der rein nachrichtlichen Berichterstattung. Zudem hilft sie dem Publikum, die Bedeutung eines Ereignisses oder einer Entwicklung zu situieren und die Problematik einzuschätzen. Die Newsanalyse gibt es als kurze, rasche Ersteinschätzung oder in der ausführlicheren Form als fundierte Analyse. Sie ist als reine Textform (schriftlich oder gesprochen) oder als Q & A denkbar, ebenso als Duplex/Moderationsgespräch in einer Sendung, in einem Podcast und schliesslich auch in der Version eines Analysevideos/Erkläraudios.

Newsanalysen setzen eine hohe themenspezifische Kompetenz voraus. Sie stammen deshalb in aller Regel von Kolleginnen und Kollegen mit speziellem Fachwissen, Korrespondentinnen und Korrespondenten oder von den für ein thematisches Dossier zuständigen Fachredaktorinnen und -redaktoren.

Newsanalysen enthalten die zum Verständnis zwingend erforderlichen Sachinformationen. Sie geben die Einschätzung der Autorenschaft auf Basis ihrer Erfahrungen und Sachkenntnisse wieder. Doch im Vordergrund stehen Argumente, die dargelegt, begründet und gegeneinander abgewogen werden. Aus dieser Abwägung dürfen Schlüsse gezogen werden. Es geht jedoch nicht um persönliche Meinungen oder Ansichten.

Kommentare kommen bei SRF nur ausnahmsweise vor. Sie sind grossen Themen von grundsätzlicher Bedeutung aus dem In- und Ausland vorbehalten. Denkbar sind sie in den nationalen Formaten sowie in den Regionaljournalen (und entsprechend auch online), etwa nach bedeutsamen Wahlen und Abstimmungen. Nicht erlaubt sind Kommentare in der Form von Abstimmungs- oder Wahlempfehlungen.

Im Unterschied zur Newsanalyse fliesst beim Kommentar die Einschätzung der Autorin oder des Autors stärker ein. Sie soll aber stets transparent dargelegt und argumentativ begründet werden. Die persönliche Meinung tut dabei nichts zur Sache.

Wir verzichten gänzlich auf Kommentare mit Aufruf- oder Forderungscharakter (zum Beispiel «Der Bundesrat muss jetzt …» oder «Washington darf nicht …»). Was bei Newsanalysen gilt, gilt ebenso bei Kommentaren: Sie werden von dossierfesten Personen verfasst. Wenn es weniger auf fachspezifisches Wissen ankommt als auf grundsätzliche Überlegungen und Haltungen, sind auch Personen mit Führungsverantwortung (Redaktionsleitung, Chefredaktionen) legitimiert, zu kommentieren.

Kommentare werden stets von einem Mitglied einer Chefredaktion gegengelesen und müssen vor der Publikation gutgeheissen werden.

Für Blogs und Wortmeldungen in sozialen Kanälen gelten diese Regeln im Grundsatz ebenfalls. Auch hier verzichten wir auf rein persönliche Äusserungen und treten mit journalistischer Haltung auf: kritisch, pointiert, aber auch professionell-sachlich. Argumente, Einschätzungen und nicht blosse Meinungen stehen im Vordergrund. Selbst in der Kürze der Formate wird eine minimale Begründung angestrebt.

Bei Kurzwortmeldungen in sozialen Kanälen ist Gegenlesen häufig nicht praktikabel. Für die Verfasserinnen und Verfasser von Kurzmeldungen bedeutet dies eine besondere Verpflichtung, den Inhalt und den Text sorgfältig und selbstkritisch zu kontrollieren. Auch in dieser Situation gilt: Qualität geht vor Schnelligkeit.

4.5

Umgang mit Fake News

In den letzten Jahren haben «alternative Medien» beziehungsweise Social-Media-Echokammern (zum Beispiel QAnon) und Verschwörungstheorien starken Zulauf erhalten. Dort werden zum Teil Weltbilder gepflegt, die mit der Realität und mit Fakten wenig zu tun haben. Nichtsdestotrotz erreichen diese Medien und Ansichten Teile der Gesellschaft. So ist eine parallele Informationswelt entstanden, in der es den Klimawandel nicht gibt, die Corona-Pandemie eine Erfindung zur Unterdrückung der Menschen ist und die US-Wahlen 2020 eine grosse Verschwörung gegen Donald Trump waren.

Wir können diese Ansichten nicht ignorieren, dürfen sie aber auch nicht als gleichberechtigte Meinungen abbilden. SRF betreibt faktenbasierten Journalismus und bekennt sich zu wissenschaftlichen Erkenntnissen. Entsprechend kommen bei uns nur in begründeten Ausnahmefällen Personen aktiv zu Wort, die wissenschaftlich erhärtete Fakten ablehnen (Bewilligung der Chefredaktionen).

Gleichzeitig müssen wir gerade auch bei diesen Themen Haltung zeigen und Klartext sprechen: Lügen, Falschinformationen und Fake News müssen als solche deklariert werden.

4.6

Religiöse Themen

Religiöse Themen behandeln wir im Wesentlichen gleich wie andere. Das bedeutet, dass wir Religionen und Kirchen gleichermassen kritisch wie alle anderen Denkrichtungen und Institutionen behandeln. Allerdings sind wir uns bewusst, dass besonders die Tonalität der Berichterstattung die Gefühle des gläubigen Teils des Publikums verletzen kann – oft unnötigerweise. Wir ziehen deshalb zentrale Glaubensinhalte von Religionen nicht ins Lächerliche.

Bei der Behandlung heikler religiöser und ethischer Themen sollen die Spezialistinnen und Spezialisten der entsprechenden Fachgebiete (Religion/Philosophie) beigezogen werden.

4.7

Freiheit der Kunst

Die Freiheit der Kunst ist in einer offenen Gesellschaft ein hohes Gut und soll möglichst wenig beschränkt werden. Sie hat im Angebot von SRF als Ausdruck der freien Meinungsäusserung grosse Bedeutung. Das gilt für Hörspiel, Film, Musik und andere Kunstformen.

SRF bietet allerdings keine Plattform für Kunstprodukte, die ungefiltert Hass verbreiten oder die aufhetzen und zu Gewalt gegen Menschen oder Bevölkerungsgruppen aufrufen. Werke, die wahrnehmbar gewaltverherrlichende, diskriminierende, sexistische oder rassistische Inhalte darstellen, werden deshalb nur nach gründlicher redaktioneller Abwägung und unter Berücksichtigung der SRF Kinder- und Jugendmedienschutzrichtlinien publiziert.

4.8

Satire

Auch im SRF-Angebot ist die Satire als Kunstform ein zulässiges, ja erwünschtes Mittel der Unterhaltung und zugleich der demokratischen Auseinandersetzung. Sie ist kanalgerecht einzusetzen und muss für das Publikum zweifelsfrei als solche erkennbar sein. Der Tatsachenkern der satirischen Aussage darf weder unwahr noch ehrverletzend sein.

Die journalistischen Prinzipien der Fairness und der Vielfalt (alle Sichtweisen zu Wort kommen zu lassen) sind auf die Satire nicht anwendbar. Forderungen nach Gleichbehandlung sind nicht zu erfüllen: Satire ist naturgemäss einseitig, zugespitzt, provozierend und damit potenziell verletzend. Zudem steht Satire grundsätzlich allen Ideologien und politischen Positionen kritisch gegenüber und setzt sich entsprechend pointiert mit ihnen auseinander.

Deshalb sind die Fristen vor Wahlen und Abstimmungen (siehe 4.2 Fristen vor Abstimmungen und 4.3 Fristen vor Wahlen) auf Satire grundsätzlich nicht anwendbar. Subjektive und einseitige Meinungsäusserungen von Satirikerinnen und Satirikern sind jederzeit möglich, solange sie keine explizite Wahl- oder Abstimmungsempfehlung enthalten.

Über geplante Auftritte von Kandidierenden oder Exponentinnen und Exponenten informiert die Redaktion die Abteilungsleitung rechtzeitig.

Satire nimmt sich mitunter auch religiöser Themen an. Das Programmrecht unterscheidet zwischen zentralen Glaubensinhalten und der Kirche als Institution inklusive ihrer Würdenträgerinnen und -träger. Einen privilegierten Schutz geniessen nur die zentralen Glaubensinhalte. Werden sie in erheblicher Weise negativ berührt, ist das Programmrecht verletzt (siehe 4.6 Religiöse Themen). Zu den zentralen Glaubensinhalten gehören beispielsweise in der katholischen Kirche die sieben Sakramente.

Religiöse Institutionen und die Personen, die sie repräsentieren (zum Beispiel der Papst oder andere Religionsführende), sind somit «satirefähig». Das gilt auch für politische Leitfiguren oder Religionsstifter wie Jesus, Mohammed oder Buddha. Da man sich hier indes nahe am Kerngehalt eines Glaubens befindet, ist ein sorgfältiges Abwägen und Ausloten des Zulässigen erforderlich.

In aktuellen Informationsgefässen verzichten wir in der Regel auf Satire, da sie dort vom Publikum nicht erwartet wird und entsprechend nicht sogleich als Satire erkannt würde. Bedienen sich Informationsgefässe dennoch der satirischen Form, muss diese klar erkennbar, also ausdrücklich als solche bezeichnet werden (beispielsweise als Glosse). Ihr Inhalt und ihre Tonalität werden von der zuständigen Redaktion verantwortet. Es wird bedacht, wie sie auf das Publikum wirken und ob sie ins entsprechende Publikationsumfeld passen.

Über Ausnahmen zu diesen Regeln entscheidet die zuständige Chefredaktion.

4.9

Berichterstattung in eigener Sache

Über die SRG und SRF, also in eigener Sache, berichten wir zurückhaltend im Ausmass und bewusst nüchtern in der Tonalität. Wir gelten hier in den Augen des Publikums zwangsläufig als befangen.

Grundsätzlich gelten dieselben Kriterien wie bei der Berichterstattung über andere Unternehmen und Institutionen: Entscheidend sind der Neuigkeitsgehalt und die Relevanz.

Wir thematisieren – wenn es sich anbietet oder gar als nötig erweist – bewusst unsere journalistischen Kriterien, medienethischen Überlegungen und Handwerkliches. Wir erklären, wie wir arbeiten, auswählen und gewichten. Wir schaffen so als Service-public-Medienhaus gegenüber dem Publikum Transparenz über unser Tun (zum Beispiel Berichterstattung über Terrorismus, Umgang mit Fake News, Hate Speech, Geiselnahmen, Corona-Zahlen).

Die Berichterstattung über interne Vorgänge ist mit den Chefredaktionen abzusprechen. Alle Publikationen oder Sendungen über die SRG oder SRF werden von einem Mitglied der Chefredaktionen gegengelesen und freigegeben.

4.10

Berichterstattung über Werbe- und Sponsoring­kundschaft

Werbe- und Sponsoringkundschaft sowie Medienpartnerinnen und -partner erhalten keine bevorzugte Behandlung im Programm. Buchungen und Partnerschaften dürfen nicht mit redaktionellen Auflagen in den Programminhalten verbunden sein.

Medien-, Verlags- und Veranstaltungspartnerschaften gehen wir nur ein, wenn gewährleistet ist, dass sie eine unabhängige Berichterstattung sowie die freie Themen- und Themenzugangswahl nicht gefährden.

4.11

Produktvergleiche

Es gehört zum Serviceangebot von SRF, in einzelnen Formaten konkrete Produkte miteinander zu vergleichen, wenn solche Produkt- oder Dienstleistungsvergleiche für das Publikum von Interesse und/oder Nutzen sind. Dabei gilt der Grundsatz, dass wir alles unterlassen, was uns als (indirekte) Werbung für diese Produkte ausgelegt werden könnte. Unzulässig sind Produktvorstellungen beziehungsweise -vergleiche in den aktuellen Informationsangeboten.

Wer mit produktkritischen Berichten in den marktwirtschaftlichen Wettbewerb eingreift, untersteht einer erhöhten Sorgfaltspflicht (Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb UWG). Eine kritische Betrachtung von Produkten und Angeboten ist zulässig und journalistisch geboten. Sachlich falsche, irreführende oder unnötig herabsetzende Kritik an Produkten oder Dienstleistungen kann grossen wirtschaftlichen Schaden anrichten. Wer einzelne Produkte oder Unternehmen herausgreift, um allgemeine oder branchenspezifische Eigenschaften zu kritisieren oder anzupreisen, handelt möglicherweise unlauter.

Medienschaffende dürfen sich nicht instrumentalisieren lassen: Wenn eine Anbieterin oder ein Anbieter im Interview schlecht über die Konkurrenz redet, dürfen wir das nicht einfach im Raum stehen lassen. Gegebenenfalls ist auch die kritisierte Konkurrenz zu befragen, um auch deren Standpunkt einzubringen. Wenn unter mehreren gleich guten oder schlechten Produkten eines herausgegriffen wird, «pars pro toto», müssen wir die Auswahl begründen. Ausserdem ist mindestens ein knapper Hinweis auf die übrigen Produkte erforderlich. Ist eine umfassende Gesamtschau angesichts der grossen Anzahl Produkte oder Anbieterinnen und Anbieter nicht möglich oder zumutbar, müssen wir dies erwähnen.

4.12

Nennung von Markennamen

Bei der Nennung von Markennamen, etwa in der Sportberichterstattung oder bei Kulturveranstaltungen, sind wir möglichst zurückhaltend. Wir verzichten auf die verbale Nennung der Werbezusätze (beispielsweise nicht «Axpo Super League», sondern «Super League»).

Hier eine Trennlinie zu ziehen, ist schwierig, denn Ausnahmen sind möglich: Wenn für das Publikum ein klar erkennbarer informativer Mehrwert entsteht oder die Nennung für die Verständlichkeit erforderlich ist, können Sponsorinnen und Sponsoren ausnahmsweise erwähnt werden (zum Beispiel Nennung von Automarken oder Radsponsorenschaft, wenn es sich um Teamnamen handelt wie Ferrari oder BMC). Das kann auch der Fall sein, wenn Veranstaltungen eine lange Tradition haben oder wenn das Publikum ohne den Zusatz nicht wüsste, wovon die Rede ist. Wenn immer möglich vermeiden wir es, Videointerviews vor Firmen, Logos oder Produktabbildungen zu machen.

Bei Interviews von oder Porträts mit Firmenchefinnen oder -chefs ist es zulässig, sie zur besseren Einordnung mit dem sichtbaren Firmenschriftzug im Hintergrund zu befragen (etwa vor dem Hauptsitz ihres Unternehmens). Für Sportprogramme und Formate mit Sportinhalten gelten detaillierte Vorschriften, die von der Nennung über die Darstellung in Grafiken bis zu Sponsoring und Werbung auf Kleidern eine ganze Palette von kommerziellen Zusätzen regeln.

Bei Firmen- und Produkteporträts im Rahmen von Constructive Journalism ist ebenfalls Zurückhaltung bei der Namensnennung geboten.

Werbung und Sponsoring sind einer stetigen Entwicklung unterworfen. Die aktuell gültigen Regelungen sind in internen Richtlinien der Vermarktung von SRF und der SRG festgehalten. Bei Unsicherheiten sind die Bereichsleitung Vermarktung und die Abteilung Distribution von SRF zu konsultieren.

4.13

Spendenaufrufe

Wir machen uns mit keiner Sache gemein, auch nicht mit einer guten. Diesem Grundsatz folgend sammelt SRF selbst keine Spenden. Wir rufen auch nicht zur Beteiligung an Crowdfunding-Aktionen auf und verlinken nicht auf Sammelaktionen

Die einzige Ausnahme bilden Sammelaktionen der Glückskette, die zwischen der Generaldirektion der SRG und der Glückskette vereinbart werden. 

Der aus SRF hervorgegangenen Stiftung «Denk an mich» werden traditionsgemäss je ein Sendeplatz auf Radio SRF 1 und der SRF Musikwelle zugestanden. In diesen Sendungen wird über private Sammelaktionen sowie über die Verwendung der Spendengelder informiert. Die redaktionelle Verantwortung für diese Sendeplätze liegt bei «Denk an mich», Spendenaufrufe sind darin untersagt. 

Geschichten über Menschen, die SRF porträtiert, können bei Teilen des Publikums den Wunsch wecken, diesen Personen eine Spende zukommen zu lassen. Sie melden sich dann bei SRF. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes gibt SRF aber keine Kontaktdaten seiner Protagonistinnen und Protagonisten an Dritte weiter. Wir nehmen die Kontaktdaten der Spendewilligen auf und leiten diese an die Porträtierten weiter. Es liegt dann in deren Verantwortung, ob sie sich mit den spendewilligen Personen in Verbindung setzen wollen.

5

Gewalt, Krieg und Katastrophen

5.1

Gewaltdarstellungen allgemein

Krieg, Terror, Gewalt und Unterdrückung, aber auch Unfälle und Naturkatastrophen bringen oft verstörende Bilder und Tondokumente hervor. Bei der Auswahl und der Präsentation solcher Aufnahmen orientieren wir uns an den folgenden Grundsätzen:

Es ist nicht unsere Aufgabe, ein geschöntes Bild der Realität zu liefern. Ereignisse, die schockierend sind, dürfen auch schockieren. Eine schonungslose Darstellung ist oft nötig, um einem Sachverhalt gerecht zu werden. Manchmal haben solche Aufnahmen nicht nur einen Nachrichtenwert, sondern auch einen dokumentarischen Charakter und sind entsprechend wichtig (beispielsweise Bilder von den 9/11-Anschlägen).

 

Aber: Ereignisse, von denen Aufnahmen von Gewalttaten publiziert werden, erfordern eine sorgfältige Relevanzprüfung. Zu beachten sind dabei auch gesetzliche Regelungen: Wer grausame Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Tiere eindringlich darstellt, kann sich strafbar machen (Art. 135 StGB). Zudem kann eine solche Darstellung auch gegen die Radio- und Fernsehgesetzgebung verstossen (siehe Art 4. Abs. 1 RTVG).

Entsprechend sollen Aufnahmen von Gewaltszenen nicht länger als nötig gezeigt werden. Bei verstörenden Aufnahmen (zum Beispiel Verstümmelungen, vor Schmerz schreiende Menschen) üben wir grösste Zurückhaltung. Wir zeigen keine sterbenden Menschen und von Toten kein erkennbares Gesicht. Gewaltszenen werden nicht wiederholt. 

SRF ist dem Kinder- und Jugendschutz gesetzlich verpflichtet (siehe Art. 5 RTVG). Auch bei Angeboten für Kinder und Jugendliche ist deshalb besondere Sorgfalt anzuwenden.

Bei schockierenden Aufnahmen müssen Userinnen und User mit geeigneten Massnahmen wie Textpassagen, Anmoderation oder Triggerwarnungen vorgewarnt werden.
Der Entscheid für eine Triggerwarnung erfolgt immer im Mehraugenprinzip. Es braucht eine klar formulierte Begründung, warum wir uns für oder gegen die Publikation eines heiklen Inhalts entschieden haben. Diese Begründung machen wir bei Bedarf auch in den Kommentarspalten transparent. Bei Social-Media- Beiträgen wird die Triggerwarnung zu Beginn eines Videos eingesetzt, kombiniert mit einer Warnung am Textende zum entsprechenden Post. SRF setzt Triggerwarnungen insgesamt zurückhaltend ein. 

Bei Darstellungen grober Gewalt oder Brutalität ist die oder der Vorgesetzte zu konsultieren. Diese Weisungen gelten grundsätzlich auch bei Gewaltausschreitungen inner- und ausserhalb von sportlichen Wettkampfstätten. Weitere spezifische Regeln sind in den Verhaltensrichtlinien SRF Sport festgehalten.

5.2

Tötungsdelikte und Suizide

Über Tötungsdelikte, besonders solche innerhalb einer Familie, berichten wir zurückhaltend: In der aktuellen Berichterstattung befragen wir keine nahen Angehörigen sowie keine Nachbarinnen und Nachbarn. Wir bilden keine Gerüchte ab, nennen keine Namen und zeigen keine Fotos von Täterinnen, Tätern und Opfern. Eine Ausnahme kann gemacht werden bei einem öffentlich aufgestellten Gedenkfoto eines Opfers.

Über Suizide berichten wir nicht. Ausnahmen sind möglich:

  • Wenn die Tat öffentlich war (beispielsweise Selbstverbrennung in der Öffentlichkeit)
  • Wenn die Tat mit anderen Straftaten kombiniert war (zum Beispiel Entführung)
  • Wenn es sich um eine in der Öffentlichkeit bekannte Person handelt

Wir verzichten darauf, Details über die Art des Suizids zu erwähnen, und zeigen auch nicht den Ort des Geschehens wie beispielsweise die Brücke, von der sich jemand in den Tod gestürzt hat.

5.3

Unfälle und Katastrophen

In der Berichterstattung über Unglücksfälle und Katastrophen informieren wir sachlich und präzis. Wir achten darauf, nicht unnötig Angst und Schrecken zu verbreiten (zum Beispiel bei Menschen, deren Angehörige unter den Opfern sein könnten).

In den ersten Phasen einer Katastrophe sind oft widersprüchliche und falsche Informationen in Umlauf. Erste Zahlen von Opfern sind fast immer falsch. In dieser Phase ist es besonders wichtig, Fakten und Zahlen zu hinterfragen und auf jeden Fall nur mit Quellenangaben weiterzuverbreiten. Ebenso verzichten wir in dieser Phase auf scheingenaue Zahlen (zum Beispiel «forderte 139 Tote»).

Nach Flugzeugabstürzen oder Bahnunglücken ist die Identifikation des Flugs oder des Zugs regelmässig zu wiederholen, um im Interesse besorgter Personen den Kreis möglicher Opfer einzuschränken. Nach Katastrophen im Ausland ist ein Hinweis, dass keine Opfer aus der Schweiz zu beklagen seien, nützlich – nicht aus Chauvinismus, sondern wiederum mit dem Ziel, besorgte Angehörige zu informieren und zu beruhigen.

Die SRF-Redaktionen achten darauf, dass Angehörige die Namen von Opfern nicht aus unseren Publikationen erfahren. Wir gehen respektvoll mit Trauernden um und zeigen Aufnahmen von Angehörigen der Opfer nur mit grösster Zurückhaltung (keine Nahaufnahmen).

Bei Unglücksfällen und Katastrophen haben Rettungsmassnahmen für Opfer und Gefährdete Vorrang vor dem Informationsanspruch der Öffentlichkeit.

Auch Unfälle an Sportveranstaltungen zeigen wir so zurückhaltend wie möglich und mit respektvoller Distanz. In der Aufarbeitung schwerer Unfälle (auch mit Todesfolge) verwenden wir keine Videobilder und vor allem keine in Zeitlupe, sondern ein Standbild oder eine Folge von Standbildern. Ausnahmen sind von den Vorgesetzten zu genehmigen (siehe Verhaltensrichtlinien SRF Sport).

5.4

Entführungen und Geiselnahmen

In unseren Programmen veröffentlichen wir keine – möglicherweise erzwungenen – Aussagen von Personen in Geiselhaft.

Zum einen ist die Würde der Inhaftierten zu respektieren: Niemand soll unter entwürdigenden Bedingungen dargestellt werden. Was Geiseln sagen und wie sie es sagen, entscheiden zudem nicht sie selbst; die Wirkung bleibt aber an ihnen haften. Zum anderen dürfen wir uns mit der Ausstrahlung derartiger Aufnahmen nicht indirekt zu Komplizinnen und Komplizen eines Verbrechens machen.

Bei Videos oder Tondokumenten von Entführungen üben wir grösste Zurückhaltung. Eine Ausstrahlung kommt nur infrage, wenn die Würde der Entführten gewahrt bleibt. Sie muss in allen Fällen von der zuständigen Chefredaktion bewilligt werden. Exekutionen von Entführten werden nicht gezeigt.

Besondere Regeln und Vorschriften gelten im Fall von Kindesentführungen in der Schweiz (siehe 7.8 Fahndungsbilder und -videos).

5.5

Terror und nationale Sicherheit

Da politisch oder religiös motivierter Terrorismus primär eine propagandistische Wirkung sucht und Amoklaufende öffentlich wahrgenommen werden wollen, sind die Medien bei diesem Thema nicht nur Beobachterinnen, sondern zugleich Akteure. Wir müssen also dafür sorgen, dass Täterinnen und Täter möglichst wenig Gelegenheit bekommen, sich zu profilieren und – in der Wahrnehmung fanatischer Personen – gar Heldenstatus erlangen. Bei der Darstellung dieser Art von Gewalt gilt das Prinzip: So viel wie nötig – so wenig wie möglich.

SRF verzichtet deshalb darauf, Bilder und Namen von Attentäterinnen und Amokläufern zu veröffentlichen, es sei denn, es handelt sich um führende Figuren eines Netzwerks. Dasselbe gilt für Propagandamaterial oder für aufgezeichnete Videobotschaften. Die Chefredaktionen können Ausnahmen gestatten.

Weiter ist darauf zu achten, dass Diktion und Forderungen der Täterschaft nicht übernommen werden. Beispielsweise ist die in Agenturtexten regelmässig verwendete Formulierung vom «Übernehmen der Verantwortung» für einen Anschlag zu vermeiden.

Werden dennoch Formulierungen von Täterinnen und Tätern übernommen, müssen sie klar zugeordnet und allenfalls relativiert werden. Terroristische Gruppen verwenden häufig Begriffe aus der Jurisprudenz, um den Eindruck zu erwecken, sie handelten im Namen der Gerechtigkeit («Bestrafung», «Urteil», «Vollstreckung» etc.).

Vor der Veröffentlichung von Beiträgen oder Recherchen, die Aspekte der nationalen Sicherheit betreffen könnten, sind die Chefredaktionen zu konsultieren.

5.6

Krieg und Embedded Journalism

Das erste Opfer des Krieges sei die Wahrheit, sagte schon 1918 der US-Senator Hiram Johnson. Bei kriegerischen Ereignissen stammt der Grossteil der Meldungen aus Quellen, die mit der Veröffentlichung ein strategisches Ziel verfolgen. Das gilt auch für Meldungen, die uns über andere Medien erreichen. Es ist deshalb von zentraler Bedeutung, ihren Inhalt auf Plausibilität zu prüfen, die Herkunft von Informationen zu deklarieren und die unsichere Quellenlage explizit transparent zu machen.

Der Wortwahl ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Einzelne Luftangriffe sind noch kein «Krieg». Umgekehrt ist der Ausdruck «chirurgische Eingriffe» für gezielte Luftangriffe eine unzulässige Verharmlosung.

Beim sogenannten Embedded Journalism achten wir auf besondere Zurückhaltung und Transparenz. Wir lassen uns nur dann «einbetten» und nehmen nur dann an solchen Missionen teil, wenn wir nicht auf andere Weise an die entsprechenden Informationen, Bilder und Töne herankommen – es muss daraus also ein echter Mehrwert für Userinnen, Zuschauer und Zuhörende resultieren. Ausserdem machen wir die Bedingungen transparent, die zur entsprechenden Berichterstattung geführt haben (siehe 11.6 Geschenke und Einladungen).

5.7

Berichterstattung aus Unrechtsstaaten

In immer mehr Ländern ist die Freiheit auch für ausländische Medienschaffende stark eingeschränkt oder sogar gefährlich. Visa und Aufenthaltsbewilligungen werden kaum oder gar nicht mehr erteilt. Korrespondentinnen und Korrespondenten werden überwacht, bedroht oder aus dem Land gewiesen, mitunter gar verhaftet. Gefährdet ist nicht zuletzt auch ihr Umfeld und erst recht sind es ihre Kontakte, Informantinnen, Gesprächspartner oder Übersetzerinnen und lokale Helfer. 

All dies darf uns nicht davon abhalten, über alle aus unserer Sicht relevanten Themen wahrheitsgetreu und kritisch zu berichten. Sanktionen wie die Verweigerung künftiger Visa sind in Kauf zu nehmen. 

Oberstes Prinzip ist jedoch der Schutz unserer Journalistinnen und Journalisten und ihrer Informantinnen und Mitarbeiter vor Ort. Das heisst: Wenn erforderlich, müssen Gesprächspartner anonymisiert werden; in Ausnahmefällen auch die Berichterstattenden. Bei besonders heiklen Themen kann es ratsam sein, die Berichterstattung aus der Heimatredaktion zu machen und nicht von den und Korrespondentinnen und Korrespondenten im Land selbst.

6

Rechte dargestellter Personen

6.1

Achtung der Privatsphäre

SRF-Journalistinnen und -Journalisten respektieren die Persönlichkeitsrechte, insbesondere die Intim- und Privatsphäre der Einzelnen. Allerdings kann ein überwiegendes öffentliches Interesse an einer Person dazu führen, dass die Verletzung der Privatsphäre nicht widerrechtlich ist, da die Informations- und Medienfreiheit (siehe Art. 16 f. BV) höher zu werten ist.

Bei Amtspersonen, anderen Personen des öffentlichen Lebens und bei Prominenten liegt die Schwelle weniger hoch: Je exponierter eine Person ist, desto mehr Beeinträchtigungen ihrer Privatsphäre muss sie tolerieren. Die Intimsphäre (zum Beispiel Sexualität, Religion, Gesundheit) ist aber auch bei dieser Personengruppe besonders geschützt.

In jedem Fall sind die Vorgesetzten zu informieren, wenn in den Schutzbereich der Privatsphäre eingegriffen werden soll (Begründungspflicht).

6.2

Regeln bei Interviews

Falls dies nicht schon vorab im Rahmen des Recherchegesprächs erfolgt, muss die oder der Interviewte vor dem Interview folgende Informationen erhalten (soweit bekannt):

  • Wo das Interview publiziert wird
  • Dass das Interview auch für Social Media verwendet werden kann
  • Welche Stossrichtung der Beitrag hat
  • Wie das Interview oder Zitate daraus voraussichtlich eingebettet werden (siehe 9.6 Recherchegespräch)
  • Im Sinne der Transparenz wird der oder dem Interviewten auf Wunsch mitgeteilt, welche anderen Positionen – nicht aber konkret welche Personen – im Beitrag vorkommen (falls zum Zeitpunkt der Recherche bekannt).

Zentral ist, dass die interviewte Person zu den wesentlichen Punkten Stellung nehmen kann. Werden mehrere Versionen aufgezeichnet, sind Abmachungen darüber, welche Version im Beitrag verwendet wird, einzuhalten.

Die Kürzung von Gesprächen unterliegt den üblichen journalistischen Regeln der Fairness. Ein Gespräch ist so zu kürzen, dass kritische Zuschauerinnen und Zuhörer die gekürzte Version als faire Zusammenfassung der längeren Version beurteilen würden. Die Autorin oder der Autor soll die Stellen auswählen, in denen sich die oder der Befragte zum zentralen Sachverhalt am klarsten äussert (Best Argument).

In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass der interviewten Person bewusst ist, dass nur Ausschnitte des Gesprächs verwendet werden. Verlangt der oder die Interviewte, über die ausgewählten Interviewteile orientiert zu werden, kann dies schriftlich oder telefonisch erfolgen. Eine interviewte Person hat keinen Anspruch darauf, dass ihr der ganze Beitrag vorab präsentiert wird. Nur in Ausnahmefällen können wir eine Präsentation des ganzen Beitrags zusichern (beispielsweise bei einem besonders delikaten Porträt, das ein spezielles Vertrauensverhältnis voraussetzt). Wichtig ist aber, dass auch dann die oder der Interviewte nicht über den Beitragstext und die Auswahl der Quotes mitentscheiden kann. Diese sind nicht verhandelbar.

Beim nachträglichen Antexten von Interviewfragen darf die ursprüngliche Fragestellung gestrafft, aber nicht verfälscht werden. Ergeben sich zwischen Interview- und Publikationstermin wesentliche neue Aspekte, muss die interviewte Person noch einmal Stellung nehmen können.

6.3

Spontane Konfrontation

Spontane Interviews, zum Beispiel beim Verlassen eines Konferenzsaals oder nach der Ankunft eines Sportstars im Ziel, sind mit Personen zulässig, die Routine im Umgang mit Medien haben. Falls die mediengewandte «überfallene» Person bei der spontanen Konfrontation die Fassung verliert, kann sie verlangen, dass dies weggeschnitten wird (zum Beispiel ein Wutausbruch oder eine unbedachte Beschimpfung). Auch bei spontanen Interviews gilt die Regel des Best Argument. Grundsätzlich sind spontane Konfrontationen nur dann ein zulässiges Mittel, wenn alle anderen Formen der Kontaktaufnahme gescheitert sind. Auch setzen wir sie nur dann ein, wenn der Themenkontext für die Befragten absolut klar ist. Ansonsten verstossen solche Spontankonfrontationen vor laufender Kamera gegen unser Fairnessgebot.

Das Klingeln an der Wohnungstür mit laufendem Aufnahmegerät oder laufender Kamera kommt nur bei einem ausserordentlichen öffentlichen Interesse – und wenn alle anderen Arten der Befragung gescheitert sind – infrage und müssen von den Chefredaktionen genehmigt werden.

6.4

Rückzug von Interviews

Kommt keine Einigung über die Verwendung von Interviews zustande, können Interviewte das Gespräch zurückziehen. Nicht zurückziehen können sie den Informationsgehalt des Interviews. In diesem Fall können wir die Aussage in indirekter Rede zitieren.

Beim Rückzug sind Fristen einzuhalten. Der Rückzug eines Interviews kurz vor einer geplanten Sendung (wenn wegen des Rückzugs die Ausstrahlung des Beitrags / der Sendung gefährdet ist) ist missbräuchlich und muss nicht beachtet werden. 

Bei mediengewandten Personen wie Politikerinnen, Managern, Pressesprecherinnen oder Prominenten ist das Recht auf einen Rückzug des Interviews eingeschränkt, insbesondere wenn das Gespräch ordnungsgemäss vereinbart wurde (Thema, Interviewtermin, Publikationsform). Emotionale Sequenzen (zum Beispiel ein Wutausbruch oder eine unbedachte Beschimpfung) oder offensichtlich falsche Aussagen dürfen auch mediengewandte Personen zurückziehen.

Ebenfalls eingeschränkt ist das Recht auf Rückzug bei grösser angelegten Projekten, beispielsweise einer Langzeit-Dokumentation über den Werdegang einer Person. Entsprechend sind diese Protagonistinnen und Protagonisten vor Beginn der Zusammenarbeit auf die Tragweite ihrer Beteiligung und auf die sich aus ihrem Einverständnis dazu ergebende Einschränkung, sich aus einem solchen Projekt zurückzuziehen, eingehend hinzuweisen. Zur Begründung werden sie darüber orientiert, wie aufwendig das Projekt bezüglich Planung, Produktionszeit und Kosten ist.

6.5

Recht am eigenen Bild und an der eigenen Stimme

Wer fokussiert und bildfüllend fotografiert oder gefilmt werden soll, muss dazu eine Einwilligung geben. In der Praxis reicht die Bereitschaft, ein Interview zu geben, als Einwilligung. Wichtig: Schon die Aufnahme und nicht erst die Ausstrahlung kann Persönlichkeitsrechte verletzen.

Personen, die sich offenkundig freiwillig in der Öffentlichkeit exponieren (zum Beispiel Akteurinnen einer Medienkonferenz, Demonstrationsteilnehmer), und Personen, die zufällig aufgenommen werden oder auf ein Bildsujet geraten (beispielsweise Passantinnen und Passanten vor dem Bundeshaus), müssen sich eine Film- oder Tonaufnahme ohne Rücksprache gefallen lassen.

Wer an Orten, die der Öffentlichkeit nicht ohne Weiteres zugänglich sind, Ton- oder Bildaufnahmen von Personen macht, die erkennbar sind, muss deren Einverständnis einholen. SRF-Kameras (auch VJ-Kameras) und -Mikrofone sind gut sichtbar zu beschriften.

Bei Filmaufnahmen vor einem Gerichts- oder Polizeigebäude müssen die Gesichter der Beschuldigten und der Opfer in der Regel unkenntlich gemacht werden. Ausnahmen gelten für Personen des öffentlichen Lebens. Im Gerichtssaal, wo während der Verhandlungen meistens ein Drehverbot herrscht, sind Gerichtszeichnungen ein taugliches Mittel, um dem Bildnotstand zu begegnen. Es ist darauf zu achten, dass die Zeichnungen nicht allzu naturalistisch ausfallen und der beabsichtigte Schutz der Persönlichkeit gewährt bleibt.

Der private Wohnsitz sowie andere Orte der privaten Niederlassung, wie zum Beispiel Spitäler, Haft- oder Rehabilitationseinrichtungen, geniessen besonderen Schutz (siehe 6.1 Achtung der Privatsphäre).

Ton- und Bildaufnahmen an privaten Trauerfeiern oder in Gottesdiensten, Schockbilder von Unfall- oder Katastrophenschauplätzen und Aufnahmen von Handlungsunfähigen (zum Beispiel von Verletzten oder Kranken) oder Urteilsunfähigen greifen in die Intim- oder Privatsphäre ein. Besteht ein öffentliches Interesse, sind Einzelheiten mit Betroffenen, Angehörigen oder Verantwortlichen vorher abzusprechen.

Bilder von Toten, die erkennbar sind, publizieren wir nicht. Auch wenn allenfalls die Angehörigen ihr Einverständnis gegeben haben, respektieren wir die Totenruhe.

Ausnahmen gelten für zeithistorische Dokumente (beispielsweise Aufnahmen eines aufgebahrten Papstes oder Bilder eines getöteten Diktators).

6.6

Versteckte Kamera und heimliche Tonaufnahmen

Aufnahmen mit versteckter Kamera aus dem Geheim- oder Privatbereich und heimliche Tonaufnahmen eines nichtöffentlichen Gesprächs sowie deren Weiterverbreitung sind nach Artikel 179bis ff. StGB grundsätzlich verboten. Die Rechtsprechung anerkennt, dass heimliche Bild- und Tonaufnahmen gerechtfertigt sein können, wenn unter anderem ein wichtiges öffentliches Interesse an der Publikation eines Sachverhalts besteht und dieser nur mit versteckten Aufnahmegeräten belegt werden kann.

Versteckte Bild- und Tonaufnahmen müssen in jedem Fall im Voraus mit der zuständigen Chefredaktion besprochen werden. Bewilligungen werden nur restriktiv erteilt. Auch die Ausstrahlung von Bild- und Tonaufnahmen, die von Medien im Ausland heimlich gemacht wurden, kann rechtlich problematisch sein. Die Zustimmung der Chefredaktionen ist deshalb auch hier zwingend einzuholen.

6.7

Persönlichkeitsschutz im Internet

Ob und in welchem Ausmass private Websites, Internetforen, soziale Netzwerke und dergleichen als öffentlicher Raum zu betrachten sind, ist juristisch umstritten.

Gemäss Bundesgericht ist eine Äusserung dann öffentlich, wenn sie von unbestimmt vielen Personen oder von einem grösseren, nicht durch persönliche Beziehungen zusammenhängenden Personenkreis wahrgenommen werden kann. Abgesetzte Tweets ohne spezielle publikumsbegrenzende Einstellung sind also nach Ansicht des Bundesgerichts öffentlich.

Wir sind betreffend Veröffentlichung solcher Inhalte zurückhaltend: SRF-Journalistinnen und -Journalisten publizieren nicht jeden Inhalt, der im Internet frei verfügbar ist. Zwar setzt sich jede Person, die Inhalte ins Netz stellt, der Öffentlichkeit aus. Ein Bericht auf einem unserer Kanäle findet aber ein ungleich grösseres Publikum als eine private Website, die nur wenige an einem Thema interessierte Personen ansprechen will und nur zu finden ist, wenn man nach ihr sucht. Dasselbe gilt für Einträge in sozialen Netzwerken. Bei der Publikation von Inhalten, die geeignet sind, eine Person blosszustellen, üben wir grosse Zurückhaltung. Es muss zweifelsfrei ein öffentliches Interesse an einer Publikation bestehen.

6.8

Unschuldsvermutung

Für Beschuldigte in einem Strafverfahren, in dem sie nicht rechtskräftig verurteilt sind, gilt die Unschuldsvermutung (siehe Art. 32 BV). Beschuldigte sind also mutmassliche Täterinnen oder Täter – es liegt zum Beispiel ein Betrugsverdacht und nicht ein Betrug vor. Alternative Formulierungen zu «mutmassliche Täterin oder Täter» sind etwa Tatverdächtiger oder Tatverdächtige, festgenommene Person oder – je nach Verfahrensstand – Beschuldigter oder Beschuldigte. Bei Beschuldigten ist der Hinweis wichtig, dass der oder die Betroffene bis zu einem gerichtlichen Schuldspruch als unschuldig gilt. 

Bei Verurteilten, die an eine höhere Instanz appellieren, ist die Information «verurteilt in erster (beziehungsweise zweiter) Instanz» von Bedeutung. Falls der oder die Beschuldigte den Vorwurf bestreitet, muss dies angemerkt werden.

Wir legen Wert auf eine korrekte Terminologie gemäss strafprozessualen Grundsätzen. In einem Strafverfahren gelten die nachfolgenden Bezeichnungen:

  • Die verdächtigte Person heisst während der Strafuntersuchung und des Gerichtsverfahrens «der/die Beschuldigte» – und nicht zum Beispiel «der Mörder» oder «die Betrügerin».
  • Wenn jemand «festgenommen» worden ist, ist er oder sie noch nicht «verhaftet». Von einer Verhaftung kann man erst nach Vorliegen eines Haftbefehls sprechen.
  • Wenn gegen eine Person Anzeige erstattet wurde, ist sie «angezeigt». «Angeklagt» ist sie erst nach strafrechtlicher Anklageerhebung durch die zuständige Behörde.

Auch nach erfolgter rechtskräftiger Verurteilung sind die korrekten Begriffe zu verwenden. Eine beschuldigte Person ist dann entweder eine «freigesprochene» oder eine «verurteilte» Person.

Gefängnis- oder Zuchthausstrafen gibt es nur noch in historischem Kontext. Heute verurteilen die Gerichte Straftäterinnen und -täter entweder zu einer «Freiheitsstrafe», einer «Geldstrafe», einer «Busse» oder zu «gemeinnütziger Arbeit».

6.9

Namensnennung

SRF ist bei der Namensnennung von Straftäterinnen und -tätern sowie Opfern zurückhaltend. Die Nennung durch andere Medien schafft noch nicht eine allgemeine Bekanntheit, die eine Nennung rechtfertigen würde.

Namen einer mutmasslichen Täterschaft, gegen die ein Strafverfahren läuft, und von Opfern von Straftaten oder Katastrophen werden grundsätzlich nicht genannt. Die Unschuldsvermutung (siehe Art. 32 BV, 6.8 Unschuldsvermutung) und der Schutz der Privatsphäre von Opfern sind wichtige Rechtsgüter. Von einer Namensnennung sind nicht nur die Genannten selbst, sondern auch ihre Angehörigen ganz erheblich betroffen.

Mutmassliche oder verurteilte Straftäterinnen und -täter bezeichnen wir grundsätzlich so, dass sie nicht identifizierbar sind. Angaben von Adressen oder Aufnahmen eines Hauses, die eine Identifizierung ermöglichen, sind zu unterlassen.

Ausnahmen vom Verzicht auf Namensnennung oder sonstige Identifizierung sind möglich:

  • Bei überwiegendem öffentlichem Interesse
  • Bei Personen des Zeitgeschehens wie Politikern, Amtsträgerinnen und anderen Prominenten, deren Name und Bild allgemein bekannt ist (je prominenter eine Person ist, desto eher kann ihr Name genannt werden)
  • Wenn der Name bereits so bekannt ist, dass seine Nichterwähnung irritieren würde, oder wenn er als Chiffre für einen Fall gilt (allerdings entbindet uns die Nennung einer Person in anderen Medien nicht automatisch von der Zurückhaltung)
  • Wenn der oder die Betroffene mit der Publizierung einverstanden ist (Vorsicht: Allenfalls müssen wir Betroffene vor sich selbst schützen)
  • Wenn die Berichterstattung nur mit einer Nennung der Funktion oder des Namens sinnvoll ist (wenn zum Beispiel der Präsident einer Verkehrsopfervereinigung in angetrunkenem Zustand einen Unfall verursacht)

Bei Vergehen und Verbrechen, die lange zurückliegen und gesühnt wurden, gilt grundsätzlich ein Recht auf Vergessen. Das bedeutet, dass solche Delikte in der Regel nicht mehr im Zusammenhang mit der entsprechenden Person erwähnt werden sollten.

6.10

Rassismus und Nationalitätennennung

Rassismus ist in der Schweiz strafbar. Wenn wir über Rassismus berichten, sorgen wir mit einer Einbettung dafür, dass rassistische Aussagen keine Propagandawirkung entfalten. Auch Aussagen der politischen Gegenseite, von Geschädigten oder von Untersuchungsbehörden geben Gegensteuer.

In der Kriminalberichterstattung sind die ethnische und die nationale Zuordnung der Täterin, des Täters oder von Verdächtigen ein umstrittenes Thema. Wir müssen darauf achten, dass wir keine Vorurteile fördern und deshalb den Informationswert gegen die Gefahr einer Diskriminierung abwägen. Umgekehrt dürfen wir Tatsachen nicht einfach ignorieren und uns so dem Vorwurf des Vertuschens aussetzen: Die Nationalität oder die ethnische Zugehörigkeit von Täterinnen, Tätern oder Opfern soll erwähnt werden, wenn sie im Zusammenhang mit dem Delikt bedeutsam ist, die Tat besser zu verstehen hilft und ein begründetes öffentliches Interesse am Hintergrund der Täterschaft besteht.

In längeren Beiträgen oder Dokumentationen können wir bei Bedarf auf Nationalität, ethnische Zugehörigkeit oder Religion stärker eingehen. Denn dort besteht die Möglichkeit, bestimmte Haltungen zu begründen, Zusammenhänge zu erläutern sowie stereotype Vorstellungen zu benennen und ihnen entgegenzuwirken.

7

Transparenz und Umgang mit Quellen

7.1

Quellenprüfung

Für die Publikation einer Nachricht brauchen wir eine zweifelsfrei autorisierte, legitimierte und nachprüfbare Quelle. Haben wir diese nicht, gilt bei SRF im Grundsatz die Zwei-Quellen-Regel. Das heisst, für die Publikation von Informationen sind in der Regel zwei gleichlautende, voneinander unabhängige Quellen notwendig.

Eine Ausnahme gilt bei unbestätigten Meldungen von hoher Relevanz, die auf seriösen Onlineportalen, im internationalen Broadcast und in sozialen Netzwerken prominent behandelt werden: Hier können wir unter zwingender Angabe der Quelle auch publizieren, wenn diese eine Quelle glaubwürdig und die Nachricht plausibel ist. Gleichzeitig müssen wir die entsprechende Meldung überprüfen und nachrecherchieren (siehe 8 Umgang mit künstlicher Intelligenz (KI))

Auch bei gedruckten Interviews aus glaubwürdigen Quellen ist keine zweite Quelle nötig.

Mit Quellenangabe veröffentlichte polizeiliche und amtliche Mitteilungen müssen in der Regel nicht nachrecherchiert werden.

Bei Breaking News und sich rasch entwickelnden und verändernden Nachrichtensituationen stellen wir besonders hohe Ansprüche an die Quellentransparenz. Gleichzeitig ist hier besondere Vorsicht beim Umgang mit Quellen, Bild-, Video- und Tonmaterial aller Art geboten (siehe 7.2 Faktencheck und Umgang mit Verschwörungstheorien).

Auf Gerüchte gehen wir nur in begründbaren Ausnahmefällen ein. Es muss sich dabei um wirklich wichtige Themen handeln, die grosse Beachtung finden. Wir berichten darüber sachlich, kurz und zurückhaltend. Wir verweisen dabei konsequent auf unsere Quellen und machen unmissverständlich transparent, dass es sich um Gerüchte handelt. Wir vermeiden Spekulationen auf der Basis eines Gerüchts.

Grundsätzlich gilt: Je schwieriger und unzuverlässiger die Quellenlage, desto wichtiger ist das Gebot, Transparenz herzustellen. Umstrittene Fakten sind als solche darzustellen. Ebenfalls umgehen wir die Zwei-Quellen-Regel nur zurückhaltend und nur nach kritischer Reflexion. Diese Grundsätze sind wichtig, da Falschmeldungen unserer Glaubwürdigkeit schaden.

7.2

Faktencheck und Umgang mit Verschwörungs­fantasien

Mit der Zunahme und stärkeren Verbreitung von «alternativen Medien», die keinen faktenbasierten Journalismus betreiben (Verbreitung wissenschaftsfeindlicher Verschwörungsfantasien, Verbreitung manipulierter Inhalte auf Social Media, Deep Fake), wird die Unterscheidung zwischen Fakten und Fakes immer wichtiger.

Faktencheck ist eine Kernaufgabe des journalistischen Handwerks. Aufgabe der Redaktionen ist es daher unter anderem immer, Sachverhalte kritisch zu prüfen und die Glaubwürdigkeit von Quellen zu hinterfragen. Kommen dabei Zweifel auf, wird das Faktencheck-Team beigezogen.

Innerhalb von SRF übernimmt das Netzwerk Faktencheck die Aufgabe, zweifelhafte Inhalte auf Authentizität und Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Es ist Anlaufstelle für entsprechend aufwendige, komplexe und spezialisierte Rechercheanfragen und stellt seine Erkenntnisse intern allen zur Verfügung.

Ausserdem bieten wir mit spezifischen Formaten (u. a. dem «Fake-Check») Userinnen, Usern und dem Publikum Orientierungshilfen, um zwischen Fakten und Falschinformationen unterscheiden zu können.

7.3

Benennen der Interessenbindungen von Protagonisten und Expertinnen

Für das Verständnis von inhaltlichen Positionen ist es wichtig, dass Protagonis­tinnen und Protagonisten nicht nur mit ihrer offiziellen Funktion benannt werden, sondern dass im Bedarfsfall auch weitergehende Interessenbindungen trans­parent gemacht werden.

So können bei Politikerinnen oder Politikern je nach Thema auch ihre Verwaltungsratsmandate oder weitere Ämter in Organisationen oder Institutionen relevant sein. Bei Richterinnen und Richtern kann die Parteizugehörigkeit erwähnt werden, wenn die Weltanschauung im Verfahren bedeutsam ist (zum Beispiel «Welche Mitglieder des Bundesgerichts haben den Entscheid gefällt, dass Ein­bürgerungsentscheide per Urnenabstimmung der Bundesverfassung wider­sprechen?»).

Dasselbe gilt auch für Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Sport: Sie helfen uns, Ereignisse oder Sachverhalte zu erklären. Ihre Einordnungen sind aber auch mit Wertungen und manchmal mit handfesten Interessen verbunden, die wir offenlegen müssen (beispielsweise bei einer Finanzexpertin, deren Bank in enger Geschäftsbeziehung zur analysierten Firma steht, oder bei einem Wissenschaftler, dessen Forschung von einem Interessenverband finanziert wird).

7.4

Transparenz bei Aufenthaltsorten

Zur Quellentransparenz gehört auch, dass wir in unseren Inhaltsangeboten über die Aufenthaltsorte unserer Berichterstattenden (Reporterinnen, Korrespondenten etc.) keine unredlichen Angaben machen. Wenn unsere Nahost-Korrespondentin oder unser Nahost-Korrespondent aktuelle Vorgänge in Israel aus Zürich kommentiert, müssen wir dies transparent machen.

Bei Audio-Reportagen oder Beiträgen mit Reportage-Charakter geht das Publikum davon aus, dass auch die verwendeten Ambi-Töne vor Ort aufgenommen wurden. Wir verwenden deshalb keine Archiv-Ambi-Töne, die von woanders stammen (beispielsweise Glockengeläut vom Berner Münster in einer Reportage vom Kölner Dom). Ist man zwingend auf Archiv-Ambi-Tonmaterial angewiesen, sind die entsprechenden Töne als solches auszuweisen.

7.5

Transparenz über die Herkunft von Bild- und Tonquellen

Das Gebot der Quellentransparenz gilt auch für Bild- und Tonaufnahmen.

  • TV-Agenturbilder (EBU, AP etc.) müssen nicht speziell gekennzeichnet werden. Eine Erwähnung ist dort sinnvoll, wo die Quelle ein Teil der Nachricht ist oder wo es sich um exklusives und meist nicht überprüfbares Material handelt.
  • Agenturfotos (Keystone etc.) müssen im Online- und TV-Angebot mit Quellenangabe publiziert werden.
  • Video- und Audiomaterial aus dem Internet muss urheberrechtskonform zitiert und als Quelle muss die URL der Website genannt werden. Bei Youtube braucht es zusätzlich zur Plattformbezeichnung den Namen des Kanals.
  • Material, das vom Publikum zur Verfügung gestellt wird, ist kenntlich zu machen (zum Beispiel «SRF-Augenzeugin X», «SRF-Augenzeuge Y»).
  • Bild- und Toninszenierungen ohne Einfluss auf die inhaltliche Aussage müssen nicht deklariert werden. Inhaltlich relevante Inszenierungen werden hingegen kenntlich gemacht («nachgestellte Szene» oder «Symbolbilder»). Auch in Radiobeiträgen sind Inszenierungen möglich. Grundsätzlich gilt: Eine Inszenierung darf keine wesentlichen Elemente des Sachverhalts verfälschen.
  • Archivmaterial ist ebenfalls zu bezeichnen: Bei Tonquellen sind die zum Verständnis nötigen Angaben (Datum, Ort, Umstände etc.) zu deklarieren. Bilder vom Vortag werden mit «gestern» deklariert, weiter zurückliegende Bilder sind wenn immer möglich mit dem genauen Datum und ansonsten mit «Archiv» zu bezeichnen.
  • Bevor Webcam-Feeds auf den Onlineplattformen von SRF eingebunden werden, ist zu prüfen, ob diese datenschutzkonform betrieben werden (siehe Art. 3 ff., Bundesgesetz über den Datenschutz DSG).

7.6

Transparenz bei Inszenierungen

Das Gebot von Transparenz gilt in journalistischen Formaten auch bei «Pseudo-Livesituationen» und Inszenierungen.

  • In den Formaten von SRF gibt es keine Pseudo-Liveschaltungen. Es wird nicht der Eindruck erweckt, dass Interviews oder Gespräche in einer Sendung live stattfinden, wenn sie aufgezeichnet wurden. Unproblematisch sind Beiträge, die formal Livecharakter haben, aber eindeutig als Aufzeichnungen angekündigt werden (zum Beispiel «Vor der Sendung habe ich mit unserer Korrespondentin gesprochen.»).
  • Wenn es in Reportagen oder Dokumentarfilmen unvermeidbar ist, Szenen (beispielsweise mit Schauspielerinnen und Schauspielern) nachzustellen, muss das transparent gemacht oder fürs Publikum klar erkennbar sein. Voraussetzung für die Zulässigkeit solcher Inszenierungen ist, dass die Ereignisse tatsächlich stattgefunden haben.

Beim Einsatz von Algorithmen und/oder künstlicher Intelligenz in unseren journalistischen Angeboten halten wir uns an die im Kapitel 8 Umgang mit künstlicher Intelligenz (KI) definierten Grundsätze.

7.7

Symbolbilder

Symbolbilder stehen exemplarisch für allgemeine Bedeutungs- oder Handlungszusammenhänge (zum Beispiel ältere Menschen für das Thema AHV, eine Operation für das Thema Gesundheit). Dabei ist darauf zu achten, dass wir nicht in Klischees verfallen (beispielsweise hat nicht jede Rentnerin oder jeder Rentner weisse Haare und geht am Rollator). Ebenso vermeiden wir unnötige Stereotypen (zum Beispiel High Heels für Managerinnen).

Bei der Verwendung von Symbolbildern ist darauf zu achten, dass keine Zuordnung zu Personen oder Ereignissen möglich ist. Es muss jedes Mal geprüft werden, ob die Bilder wirklich nur Symbolcharakter haben oder ob sie auch eine (nicht beabsichtigte) konkrete Aussage transportieren. Beispiel: Ein Beitrag über sexuelle Verfehlungen von Lehrkräften wird mit Archivaufnahmen von Schulhäusern illustriert und im Text wird gesagt, dass Lehrpersonen hinter diesen Fassaden üble Verfehlungen begangen hätten. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Dorfes X werden das eigene Dorfschulhaus erkennen. Für sie transportiert das Symbolbild eine konkrete Aussage.

Nicht gekennzeichnet werden müssen reine Symbolbilder, die kein Ereignis wiedergeben (beispielsweise Flugbilder vom Bundeshaus, Huckepackzug auf der Gotthardrampe).

7.8

Fahndungsbilder und -videos

Die Polizei und Strafverfolgungsbehörden stellen fallweise Bilder von gesuchten oder nicht identifizierten Personen ins Internet. Solche Fahndungsbilder oder -videos werden von uns nicht veröffentlicht, denn Aufnahmen, die wir bei SRF zeigen, haben eine wesentlich grössere denunziatorische Wirkung, als wenn die Polizei sie auf einer eigenen Website publiziert.

Ausnahmen sind möglich, wenn nach mutmasslichen Gewalttäterinnen beziehungsweise Gewalttätern gefahndet wird, die für die Öffentlichkeit eine Bedrohung darstellen.

Auch bei Entführungen, die mit unserer Unterstützung vielleicht aufgeklärt werden können, ist Mithilfe sinnvoll. SRF ist eine Partnerorganisation des Entführungsalarmsystems des Bundesamts für Polizei Fedpol. Im Fall einer Entführung sind wir verpflichtet, die Behörden bei der Fahndung zu unterstützen. Die Vorgehensweise, die Zuständigkeiten sowie formale und inhaltliche Details sind in speziellen Richtlinien geregelt.

Sollen Fahndungsbilder oder -videos publiziert werden oder wird von den Behörden der Entführungsalarm ausgelöst, müssen zwingend die Chefredaktionen informiert werden.

7.9

Überprüfung von User Generated Content

In einigen unserer Inhaltsangebote fordern wir Userinnen, User und das Publikum auf, uns Bilder, Videos oder Audiotakes zu senden, die wir in unseren Publikationen verwenden können. Diese Form von User Generated Content verlangt eine besondere Sorgfalt: Die Quelle und der Sachverhalt müssen – wenn möglich im persönlichen Kontakt – kontrolliert werden.

Nach Möglichkeit sollen diese Inhalte auch auf eventuelle Manipulationen und allfällige Verletzungen von Urheber- und/oder Persönlichkeitsrechten überprüft werden. Ist die Überprüfung innert nützlicher Frist nicht möglich, sind wir zu zusätzlicher Transparenz verpflichtet (zum Beispiel: «Diese Aufnahmen von Augenzeuginnen wurden mit einer Handykamera gemacht und zeigen angeblich die Bombenleger»).

User Generated Content wird in der Regel finanziell nicht entschädigt. Nur in begründeten Fällen kann eine Vergütung ausgerichtet werden. Diese richtet sich nach den branchenüblichen Sätzen (siehe 9.2 Kein Kauf von Informationen).

8

Umgang mit künstlicher Intelligenz (KI)

8.1

Grundsätzliches zum Einsatz von KI

Künstliche Intelligenz (KI) hat als Technologie das Potenzial, die journalistische Arbeit zu erleichtern, und kann so helfen, unser publizistisches Angebot zu verbessern. Setzen wir KI ein, stellen wir stets sicher, dass unsere publizistische Glaubwürdigkeit dadurch nicht beeinträchtigt wird.

Die Verwendung von KI stellt erhöhte Anforderungen an uns. Wir begegnen diesen verantwortungsvoll und mit Transparenz. Die in den Publizistischen Leitlinien definierten Standards und Werte gelten auch beim Einsatz von KI.

Die Entwicklung auf dem Gebiet der KI ist dynamisch, Rahmenbedingungen und Regelungen verändern sich schnell. In den laufend aktualisierten KI-Handlungsanweisungen sind die spezifischen Regelungen für den Einsatz von KI-Tools bei SRF festgehalten. Sie sind daher regelmässig – und bei jeder Unsicherheit zwingend – zu konsultieren.

8.2

Datenschutz, Informationssicherheit und Urheberrecht

Bei der Eingabe von Informationen in KI-Tools müssen die Richtlinien zum Datenschutz und zur Informationssicherheit beachtet werden. Auch dürfen beim Verwenden von KI-Tools keine Urheberrechte verletzt werden: weder durch die Eingabe von Daten noch durch die Nutzung von Output, in dem noch urheberrechtlich geschützte Werke erkennbar sind.

Vertrauliche Informationen, interne Dokumente oder Personendaten dürfen nur in explizit durch SRF dafür genehmigte KI-Tools eingegeben werden. In alle anderen KI-Tools dürfen keine (beziehungsweise nur anonymisierte) Personendaten, keine urheberrechtlich geschützten Inhalte Dritter und keine Geschäftsgeheimnisse der SRG eingegeben werden.

Spezifische Informationen zu genehmigten und nicht genehmigten KI-Tools sind in den laufend aktualisierten KI-Handlungsanweisungen festgehalten.

8.3

Einsatz von KI bei der journalistischen Arbeit

Die publizistische Verantwortung tragen wir auch für Inhalte, die mittels KI-Unterstützung recherchiert, erstellt oder bearbeitet wurden.

Beim Einsatz von generativen KI-Tools sind wir besonders vorsichtig, da die Ergebnisse oft korrekt wirken, aber Falschinformationen enthalten können. Quellencheck und Faktencheck sind daher zwingend erforderlich. Auch sind die KI-generierten Ergebnisse immer mit dem eigenen Fachwissen nach journalistischen Kriterien zu überprüfen, zu verifizieren und zu ergänzen. Das schliesst auch die Überprüfung der Ergebnisse auf eine mögliche Voreingenommenheit (Bias) ein.

8.4

Texten und Recherche mit KI

Zu publizierende Texte, die mit Unterstützung von KI erstellt wurden, unterliegen den üblichen Qualitätsanforderungen von SRF und werden vor der Publikation redaktionell abgenommen. Solche Texte müssen im Regelfall nicht deklariert werden.

KI-Tools können bei der journalistischen Recherche oder bei der Verifikation von Inhalten unterstützen. Die Recherche-Ergebnisse sind stets kritisch zu hinterfragen (inklusive Quellen- und Faktencheck).

Weitere spezifische Regeln sind in den KI-Handlungsanweisungen festgehalten.

8.5

KI bei der Erstellung und der Bearbeitung von Audios, Bildern und Videos

SRF täuscht seine Nutzerinnen und Nutzer nicht. Insbesondere ist zu vermeiden, dass das Publikum an der Authentizität eines Audios, Bildes oder Videos im SRF-Angebot zweifeln muss.

Die Publikation von mit KI-Tools generierten Audios, Bildern oder Videos ist zu Illustrationszwecken von KI-Themen zulässig. In allen übrigen Fällen sind wir bei der Verwendung von KI-generierten Audios, Bildern und Videos zurückhaltend. In jedem Fall stellen wir Transparenz her, indem wir KI-generierte Inhalte deklarieren.

Gängige Schritte in der Bearbeitung von Audios, Bildern und Videos können durch KI unterstützt werden. Bearbeitungen mittels KI unterliegen der journalistischen Sorgfaltspflicht. Regelungen und Beispiele dazu sind in den KI-Handlungsanweisungen festgehalten.

9

Recherche

9.1

Keine unlauteren Methoden

Bei der Beschaffung von Daten, Nachrichten, Informationsmaterial, Tönen oder Bildern dürfen keine unlauteren Methoden angewandt werden. Bei Recherchen halten sich SRF-Journalistinnen und -Journalisten an die Prinzipien der Unvoreingenommenheit und der Wahrhaftigkeit.

Unvoreingenommenheit bedeutet nicht den Verzicht auf eine Arbeitshypothese. Es ist zulässig und zur Fokussierung oft sinnvoll, Recherchen mit einer Hypothese zu beginnen. Aber am Ende bestimmen allein die Fakten, ob ein Konstrukt standhält oder nicht. Zu Beginn einer Recherche muss offen sein, ob sich eine Hypothese verifizieren oder falsifizieren lässt.

9.2

Kein Kauf von Informationen

Journalistinnen, Journalisten und Redaktionen von SRF betreiben keinen Scheckbuchjournalismus.

Sie kaufen niemandem Informationen gegen Geld ab. Unzulässig ist es, für brisante, möglicherweise illegal beschaffte Dokumente zu bezahlen. Zulässig ist eine Entschädigung für Spesen und/oder für zeitliche Aufwendungen, die Informantinnen und Informanten erbringen müssen. Für sämtliche Zahlungen – auch für alle sonstigen (legalen) Hilfstätigkeiten zugunsten der journalistisch tätigen SRF-Mitarbeitenden – gilt eine vorgängige Bewilligungspflicht durch die Chefredaktionen oder die Abteilungsleitung. Zudem gilt für diese Zahlungen eine Quittungs- oder Belegpflicht.

Personen, die für ihre Auskünfte und Interviews ohnehin bezahlt werden, erhalten keine Honorare (zum Beispiel Medienbeauftragte, Angestellte einer Firma oder einer Behörde, Mitarbeiter von Denkfabriken, Professorinnen an Schweizer Hochschulen). Die Entschädigung für Auftritte in SRF-Sendungen ist separat geregelt. In Absprache mit den Vorgesetzten ist für Material (Film- und Tonaufnahmen, Grafiken etc.), das in unserem Angebot Verwendung findet, eine Entschädigung zulässig. Der Betrag soll sich an den Richtpreisen für Programmeinkäufe orientieren. Im Zweifelsfall ist die zuständige Chefredaktion oder die Abteilungsleitung zu konsultieren.

9.3

Pflicht zur Selbstdeklaration

Am Anfang eines Recherchegesprächs stellen sich Journalistinnen und Journalisten den Befragten unmissverständlich als SRF-Mitarbeitende vor. Dabei nennen sie ihre Funktion und umschreiben ihr Vorhaben in den Grundzügen (Stossrichtung, Gefäss, in dem es publiziert werden soll).

Nicht nötig ist die Selbstdeklaration bei allgemein zugänglichen Informationen (beispielsweise Bewertung eines ausgeschriebenen Reiseangebots oder eines Restaurants, Besuch einer Ausstellung).

9.4

Verdeckte Recherche, Identität im Internet

Bei Recherchen in sozialen Medien, Onlineforen oder Chatrooms (siehe 11.9 Private Aktivitäten im Internet) gilt die Pflicht zur Selbstdeklaration nur, wenn Journalistinnen oder Journalisten eine aktive Rolle übernehmen und zum Beispiel eine Diskussion in eine bestimmte Richtung lenken. Wer sich tarnt, verstösst gegen das Lauterkeits- und Transparenzgebot. In Foren, in denen es üblich ist, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer anonym auftreten, können das auch SRF-Mitarbeitende tun.

Verdeckte Recherchen sind bloss ausnahmsweise zulässig. Und zwar dann, wenn ein Thema von hohem öffentlichem Interesse ist und die Informationen anders nicht erhältlich sind. Verdeckte Recherchen müssen von den Chefredaktionen vorab bewilligt werden. Das gilt ebenfalls für Mitarbeitende, die ausnahmsweise als Touristinnen, Touristen oder unter einem anderen Titel in ein Land reisen, weil Visa für Journalistinnen und Journalisten über lange Zeit und ohne zu akzeptierende Gründe verweigert werden.

9.5

Mitschnitt von Gesprächen

Aufnahmen von Gesprächen über Telefon oder Mittel der Internetkommunikation müssen den Interviewten gegenüber immer deklariert werden: Heimliche Aufnahmen sind strafbar (siehe Art. 179ter StGB). Ein nicht autorisierter Tonbandmitschnitt eines Recherchegesprächs kann im Streitfall kaum als Beweismittel eingesetzt werden. Deshalb holen wir zu Beginn des Gesprächs das Einverständnis der Teilnehmenden ein oder behelfen uns alternativ mit Notizen. Allenfalls kann eine Kollegin oder ein Kollege zum Mithören beigezogen werden. Je umstrittener die Fakten, desto besser müssen sie belegt sein.

In heiklen Fällen stellen wir den Interviewten ein schriftliches Resümee zur Verfügung. Das gilt namentlich für telefonische Äusserungen, die im Beitrag zusammengefasst werden.

Auch von Dritten zugespielte heimliche Aufnahmen werden nicht verwendet. Ausnahmen müssen von den Chefredaktionen bewilligt werden (zum Beispiel Ibiza-Video).

9.6

Varianten von Recherchegesprächen

Es gibt verschiedene Varianten von Recherchegesprächen – von ganz offiziell bis äusserst vertraulich. Wichtig ist deshalb, dass vor dem Gespräch verbindlich vereinbart wird, welcher Publikations- oder Vertraulichkeitsstufe der Inhalt des Gesprächs unterliegt. Dabei ist zu beachten, dass nicht alle dasselbe unter den von uns benutzten Fachbegriffen verstehen. 

Wenn nicht ausdrücklich ein Vorbehalt vereinbart ist, sprechen unsere Auskunftspersonen «on the record». Das heisst, ihre Aussagen können unter Nennung ihres Namens und ihrer Funktion verwendet werden. 

Wenn die Auskunftsperson es wünscht und plausible Gründe vorliegen, kann mit ihr ausnahmsweise «off the record» gesprochen werden (siehe 9.7 Zusicherung von Anonymität): Ihre Aussagen werden inhaltlich veröffentlicht, ihr Name wird aber nicht genannt und ihre Funktion nur summarisch beschrieben (zum Beispiel «Ein hoher Beamter beziehungsweise eine hohe Beamtin des Justizdepartements»). 

Die dritte mögliche Variante ist das vertrauliche Hintergrundgespräch, das «strictly off» oder «on background» geführt wird. Die gemachten Aussagen dienen ausschliesslich der Hintergrundinformation von Journalistinnen und Journalisten. Sie werden weder direkt noch indirekt zitiert und somit nicht öffentlich verwendet.

Wenn eine Quelle «off the record» verwendet wird, können die Vorgesetzten eine Offenlegung verlangen, um die Authentizität der Information zu beurteilen.

Wer wissentlich und im Berufskontext sowie ohne ausdrücklichen Vorbehalt mit Journalistinnen und Journalisten spricht, macht einen Schritt an die Öffentlichkeit. Damit kann diese Person nicht im Nachhinein den gesamten Informationsgehalt eines Gesprächs zurückziehen. Das gilt ganz besonders bei mediengewandten Personen. Journalistinnen oder Journalisten dürfen diese Personen in indirekter Rede zitieren (siehe 6.4 Rückzug von Interviews).

Für das Zitieren gilt die Regel des Best Argument: Die aus der Sicht der Befragten wichtigsten Argumente müssen verwendet werden.

9.7

Zusicherung von Anonymität

Grundsätzlich treten in den SRF-Gefässen alle Personen mit ihrem echten Namen auf (Ausnahmen siehe 6.9 Namensnennung).

Dem Wunsch nach Anonymität kann ausnahmsweise stattgegeben werden. Voraussetzung ist, dass der Wunsch nach Anonymität von einem schutzwürdigen Interesse geleitet ist (Beispiel: Informantinnen und Informanten aus Afghanistan fürchten das Taliban-Regime). Vorauszusetzen ist zudem ein grosses öffentliches Interesse an dem, was eine Quelle zu sagen hat, die anonym bleiben möchte. In jedem Fall muss die Qualität der Aussage überprüfbar sein (zweite Quelle). Ausserdem müssen die von der anonymen Aussage betroffenen oder beschuldigten Personen die Gelegenheit haben, sich angemessen zu äussern. Anonyme Aussagen vor der Kamera, vor dem Mikrofon oder in einem schriftlich verbreiteten Interview müssen mit der oder dem Vorgesetzten und den Chefredaktionen abgesprochen sein. Gerade in politischen und gesellschaftlichen Kontroversen sind Transparenz und Offenheit anzustreben. Maskierungen und Stimmverfälschungen (beispielsweise Stimmverzerrungen, nachgesprochene Aussagen) werden nur in begründeten Ausnahmen eingesetzt.

In besonderen Fällen ist es sinnvoll, wenn die Redaktion von sich aus Personen zu ihrem Schutz anonymisiert, selbst wenn sie offen auftreten möchten. Bei der Verwendung anonymer Aussagen, die aus journalistischen Angeboten von Dritten stammen, überzeugen sich SRF-Mitarbeitende im Rahmen des Möglichen von ihrer Echtheit.

Zugesicherte Anonymität ist unter allen Umständen zu gewährleisten (siehe 9.10 Redaktionsgeheimnis, Zeugnisverweigerung).

Gegenüber Vorgesetzten müssen Mitarbeitende ihre anonymen Quellen offenlegen. Anonyme Auftritte von Akteurinnen und Akteuren, besonders im Zusammenhang mit politischen Aktionen oder Demonstrationen, sind von den Chefredaktionen zu bewilligen.

9.8

Recherchen bei Kindern und Schutzbedürftigen

Bei Recherchen ist gegenüber schutzbedürftigen Personen besonderes Feingefühl geboten. Das betrifft vor allem Menschen, die sich zum Zeitpunkt der Begegnung nicht im Vollbesitz ihrer geistigen oder körperlichen Kräfte befinden oder einer seelischen Extremsituation ausgesetzt sind. Und es betrifft grundsätzlich Kinder und Jugendliche. Kinder sind leichter beeinflussbar als Erwachsene. Ihre Urteilsfähigkeit ist noch nicht voll entwickelt. Sie können zu wenig abschätzen, welche Folgen es für sie hat, wenn sie sich ins Rampenlicht stellen. Kindern fällt es oft schwer, Fantasie und Realität auseinanderzuhalten. Sie sind deshalb in der Regel nicht als Zeuginnen oder Zeugen geeignet. Weil sie leicht zu beeinflussen sind, verbieten sich Suggestivfragen. Wir verwenden keine Aussagen, die negative Konsequenzen für sie haben könnten. Im Zweifel entscheiden wir uns für den Schutz des Kindes.

Bilder und Befragungen von Kindern bedürfen der Zustimmung der Eltern oder der Erziehungsberechtigten.

Da die Grenze zwischen Kind und jugendlicher Person fliessend ist, sind die aufgeführten Regeln grundsätzlich auch bei der Befragung von Jugendlichen zu berücksichtigen.

Allerdings dürfen wir Jugendliche zu Themen, bei denen sie urteilsfähig sind – in der Regel solchen, die sie und ihren Alltag direkt betreffen –, durchaus befragen (zum Beispiel Strassenumfrage unter Jugendlichen über ihr Freizeitverhalten).

9.9

Augenzeuginnen und Augenzeugen

Bei Recherchen und in der Berichterstattung über ausserordentliche Ereignisse (Unfälle, Verbrechen, Katastrophen etc.) spielen Augenzeuginnen und -zeugen eine wichtige Rolle. Häufig befinden sich diese aber in einem emotionalen Ausnahmezustand, etwa weil sie das Geschehen schockiert. Das betrifft besonders Angehörige von Opfern. Das Publikum soll den Stellenwert der jeweiligen Aussage einer Zeugin oder eines Zeugen einschätzen können. Deshalb prüfen wir die Glaubwürdigkeit von Augenzeuginnen und Augenzeugen sowie die Plausibilität ihrer Aussagen stets kritisch.

9.10

Redaktionsgeheimnis, Zeugnisverweigerung

Bei Recherchen haben wir es oft mit Quellen zu tun, die darauf Wert legen, geschützt zu bleiben. Wir schützen Informantinnen und Informanten und geben die Quellen vertraulicher Informationen auch gegenüber Strafbehörden (Polizei, Staatsanwaltschaft, Gerichte etc.) nicht preis. Dieses Zeugnisverweigerungsrecht räumt uns das Gesetz ein. Auch Rohmaterial wird nicht an die Untersuchungsbehörden herausgegeben.

Ausnahmen sind im Zusammenhang mit schweren Verbrechen oder wenn Personen an Leib und Leben bedroht sind möglich. In solchen Fällen werden Anweisungen der Strafbehörden berücksichtigt – in Absprache mit den Chefredaktionen und der jeweiligen Abteilungsleitung.

10

Grundsätze des Handwerks

10.1

Richtig formulieren

SRF legt grossen Wert auf Korrektheit in Rechtschreibung, Stil und Grammatik. Unsere Onlinepublikationen bewegen sich auch sprachlich auf Augenhöhe mit den Leitmedien der gedruckten Presse und mit qualitativ anspruchsvollen Onlineangeboten.

Beim Formulieren von Nachrichten und Newsberichten halten wir uns an die Grundregeln des Nachrichtenjournalismus: Im Zentrum stehen die «fünf W» (Wer? Was? Wie? Wann? Wo?). Wann immer der Umfang des Beitrags und die Zeit es erlauben, interessiert auch: Warum? Und wie weiter?

Eine korrekte Verwendung von Indikativ und Konjunktiv ist entscheidend, um Gesichertes von Behauptetem oder Vermutetem zu unterscheiden.

SRF-Journalistinnen und -Journalisten halten sich an die im deutschen Sprachraum geltenden Rechtschreibregeln. Typische und beispielsweise auch im Duden enthaltene Helvetismen (Velo, Spital, Trottoir etc.) sind erlaubt. Reine Mundartwörter oder -begriffe verwenden wir in unseren Angeboten auf Hochdeutsch nur ausnahmsweise – als bewusst und sparsam eingesetzte Stilelemente (beispielsweise in einer Lokalreportage). Interviewte, die sich auf Hochdeutsch nicht genügend auszudrücken vermögen, können auch in hochdeutschen Sendungen mit Mundart-O-Tönen zu Wort kommen.

10.2

Kompetent fragen

Interviews und Gespräche können in verschiedenen Formen und zu verschiedenen Zwecken geführt werden. Immer gilt: Ein Gespräch muss gut vorbereitet sein und kompetent geführt werden.

In Informationssendungen sind Gespräche zu vermeiden, in denen die Journalistin oder der Journalist erkennbar «auf unbekanntem Gelände recherchiert» und deshalb ausserstande ist, kritisch nachzuhaken oder Falschbehauptungen zu widersprechen.

Ausnahmen gelten in Breaking-News-Situationen.

Ein Interview muss ein klares Ziel verfolgen. Die Befragung geht vom Kenntnisstand des Publikums aus und nicht von der fragenden Person.

Viele Interviews werden geschnitten, sodass oft nur einzelne Zitate daraus verwendet werden. Wir achten darauf, jeweils das Best Argument der Gesprächspartnerinnen und -partner zu verwenden.

Die notwendigen Kürzungen entbinden uns nicht von der Pflicht, mit den befragten Personen ein zusammenhängendes, in sich logisches Gespräch zu führen und inhaltlich entsprechend sattelfest zu sein. Besondere Anforderungen stellen Livesendungen: Die Präsentierenden müssen laufend dafür sorgen, dass die Diskussion sachgerecht und fair verläuft.

Die Moderatorin oder der Moderator muss unsachliche Äusserungen oder Falschbehauptungen richtigstellen – oder zumindest die Gegenpositionen erwähnen. Wo Anschuldigungen oder Vorwürfe gegen Dritte erhoben werden, müssen Beschuldigte zu Wort kommen. Wenn sie nicht zur Verfügung stehen, muss die Moderation ihren Standpunkt oder ihren mutmasslichen Standpunkt erwähnen.

10.3

Schnell reagieren

Elektronische und digitale Medien müssen auf neue Entwicklungen schnell reagieren. Allerdings ist Schnelligkeit kein Selbstzweck. «Be first. But first be right»: Dieser Grundsatz gilt besonders für Breaking News und in hektischen Situationen. Die Kombination von journalistischem Reflex und kritischer Reflexion bewahrt vor Fehlern und Vertrauensverlust beim Publikum.

Wenn in wichtigen Qualitätsmedien und/oder sehr breit in sozialen Medien Meldungen verbreitet werden, die unseren Verifikationsgrundsätzen nicht genügen, können wir darauf verweisen. Wir machen aber konsequent deutlich, dass es sich dabei um ungesicherte Informationen handelt, und erwähnen wo auch immer möglich, aus welchen Quellen sie stammen und wer sie verbreitet. Auch Gerüchte prägen heute den Newsfluss stark – und häufig sogar politische und wirtschaftliche Entscheidungen. Auch wir können sie oft nicht einfach ignorieren. Sie müssen aber klar als solche dargestellt werden. Wir greifen zudem nur dann Gerüchte auf, wenn sie relevante Themen betreffen (beispielsweise Tod einer aktiven Spitzenpolitikerin, neue militärische Offensive, Rücktritt eines Konzernchefs).

Zu Breaking News und zum Umgang mit Gerüchten siehe auch 7.1 Quellenprüfung.

10.4

Sprechen, Duzen, Siezen

Die journalistische Arbeit von SRF hat Vorbildfunktion. Wer am Mikrofon oder vor einer Kamera auftritt, tut dies nicht als Privatperson, sondern in einer professionellen Rolle. Entsprechend hoch sind die Ansprüche an Verständlichkeit, Korrektheit und Artikulation – in der Hochsprache ebenso wie in Mundart:

  • Die Sprache muss auf Anhieb verständlich sein. Statt Schachtelkonstruktionen verwenden wir bevorzugt kurze Sätze. Substantivierungen und Partizipialkonstruktionen sowie Fremdwörter vermeiden wir wenn immer möglich.
  • Die Sprechweise soll natürlich sein und nicht vom Inhalt ablenken. Von SRF-Journalistinnen und -Journalisten wird kein Bühnendeutsch verlangt. Die Aussprache darf eine leichte dialektale Färbung haben (zum Beispiel rollendes «R»). Es darf auch eine fremdsprachliche Färbung leicht hörbar sein, sofern sie nicht so stark ist, dass sie vom Inhalt ablenkt, und die Person ansonsten ein fehlerfreies und verständliches Hochdeutsch spricht. Auch in Mundart sind fremdsprachliche Färbungen möglich.
  • Zur Sprachpflege gehört auch die korrekte Aussprache von Namen. Bei Namen aus Sprachen, die hierzulande wenig geläufig sind, berücksichtigen wir auch, was in anderen wichtigen Medien üblich und damit dem Publikum vertraut ist. Bei Unsicherheiten ist die Aussprachedatenbank zu konsultieren.

Bei der Ansprache von Personen vollzieht sich in der Schweiz ein Wandel. Duzen ist in mehr Situationen der Normalfall als noch vor wenigen Jahren. Wir setzen bei SRF «Du» oder «Sie» deshalb abgestimmt auf das Format und das Zielpublikum ein. Ob wir duzen oder siezen, wir tun dies im Rahmen unserer journalistischen Rolle zurückhaltend und unaufdringlich. Wir signalisieren unabhängig von der Ansprache professionelle Distanz zur Person und zum Thema. Im Zentrum stehen nicht die persönlichen Beziehungen der Beteiligten, sondern der Inhalt.

  • Um Sachlichkeit zu betonen, werden in linearen Informationssendungen externe und interne Gesprächspartnerinnen und -partner gesiezt.
  • Im Moderationsgespräch unter SRF-Kolleg:innen  verwenden wir in Infosendungen in der Regel Vor- und Nachnamen. Innerhalb eines Gesprächs kann unter Kolleg:innen ausnahmsweise die Kombination von «Sie» und Vornamen verwendet werden.
  • Bei Spezialsendungen oder Co-Moderationen wird die Ansprache zwischen Kolleg:innen mit den Chefredaktionen festgelegt.
  • In Info-Podcasts, die jüngere Nutzer:innen haben, ist das Duzen unter Kolleg:innen zulässig. Es soll allerdings sparsam und unaufdringlich verwendet werden – also nur dort, wo eine direkte Ansprache zwischen Host oder Befragerin und Antwortendem erforderlich ist. Externe Gäste werden gesiezt.
  • In allen anderen Sendungen von Unterhaltung, Kultur oder Sport, in den Radioprogrammen und jüngeren (digitalen) Formaten auf Youtube oder Social Media, werden Duzen und Siezen von Kolleginnen und Gästen situations- und zielgruppengerecht eingesetzt.

Die Verwendung von Mundart oder Hochdeutsch in Sendungen und Beiträgen ist in den einzelnen Programm-, Sendungs- und Formatprofilen geregelt.

10.5

Diskriminierungsfreie Sprache

Medien sind Teil der Gesellschaft, die wir so vielfältig zeigen wollen, wie sie ist. Wenn gesellschaftliche Veränderungen die Sprache beeinflussen, setzen wir uns damit auseinander und nehmen auf, was zu einer «gemässigt-zeitgemässen» Ausdrucksweise gehört. Wir verbreiten keine diskriminierenden Stereotypen in Bild und Ton, streben eine diskriminierungsfreie, gendergerechte und inklusive Sprache an und respektieren Gleichstellung, Diversität und Minderheiten.  

Unsere gesprochene und geschriebene Sprache soll lebendig und kreativ sowie abwechslungsreich bei Formulierungen und Bezeichnungen sein. Welche Varianten wir konkret verwenden, stimmen wir auf die jeweiligen Kanäle und Zielgruppen ab.

Mögliche Sprachvarianten:

Wir verwenden entweder vollständig inklusive Formulierungen oder weibliche und/oder männliche (Doppel)-Nennungen, grundsätzlich nicht aber das generische Maskulinum:

  • Paarformen: «Bürgerinnen und Bürger»
  • Wechsel in Aufzählungen: «Technikerinnen, Journalistinnen und Assistenten»
  • Genderneutrale oder -abstrakte Begriffe: «Interessierte», «Einsatzkräfte», «Medienschaffende»
  • Kollektivbezeichnungen: «die Partei», «das Management»
  • Substantivierte Partizipien, wenn sie grammatikalisch und sachlich korrekt sind: Personen sind nur «Demonstrierende», solange sie demonstrieren.

Genderdoppelpunkt und Genderpause/Glottisschlag:

  • In linearen Sendungen und Programmen, die eine ältere Zielgruppe (Ü45) ansprechen, und auf der News-App verzichten wir grundsätzlich auf den geschriebenen Genderdoppelpunkt und den mündlichen Glottisschlag. 
  • In Formaten für sensibilisierte Zielgruppen auf jungen, digitalen Kanälen (Youtube, Podcasts), in Social-Formaten – wenn zur Marke und Zielgruppe passend – oder in jungen Programmen (beispielsweise Virus), können der Genderdoppelpunkt und die Genderpause / der Glottisschlag verwendet werden.

Sprachbilder:

Wir beschreiben Menschen nicht mit stereotypen Sprachbildern und reduzieren sie nicht auf vermeintlich frauen-, männer- oder herkunftstypische Äusserlichkeiten:

  • Keine Klischees wie «Die zierliche blonde Frau kämpft für …»
  • Frauen sind nicht immer nett und Männer im Haushalt nicht alle unbeholfen.
  • Wir zementieren keine Normvorstellung, die unterschwellige Wertungen beinhalten, bestimmte Bevölkerungsgruppen ausschliessen oder diskriminieren (zum Beispiel «Die Schweizer sind ein sauberes Volk», «Schwarze haben Rhythmus im Blut»).

Dasselbe gilt auch für Bildmaterial:

  • Keine klischierten, sexistischen Abbildungen. Beispielsweise tragen nicht alle Frauen in Führungspositionen Stöckelschuhe.
  • Wir zeigen Männer in vermeintlichen Frauenrollen und umgekehrt.
  • Wir zeigen gleichgeschlechtliche Paare.
  • Ältere Menschen sind nicht nur am Gehstock, sondern aktive und gesunde Personen.
  • Migrantinnen und Migranten und Menschen mit Beeinträchtigungen zeigen wir als selbstverständlichen Teil des Schweizer Alltags.

Unseren Willen zum sensiblen Sprachgebrauch zeigen wir insbesondere bei der Berichterstattung über Gruppen mit spezifischen Identitäten (zum Beispiel Transgender), indem wir uns konstruktiv mit den Vorschlägen zu Sprachregelungen der entsprechenden Interessenverbände auseinandersetzen.

Fachpersonen:

Bei Fachleuten streben wir ein ausgeglichenes Verhältnis von Expertinnen und Experten an. Die Zielgrösse ist 50:50. Die gezielte Suche nach Expertinnen und die Sammlung ihrer Kontaktdaten sind verbindliche Aufgaben der SRF-Redaktionen.

Auch andere Diversitätsmerkmale lassen wir konsequent in die Suche nach Fachpersonen, Akteurinnen und Akteuren einfliessen, zum Beispiel Alter oder Migrationshintergrund.

Eine gleichberechtigte Repräsentation unserer vielfältigen Gesellschaft muss eine Selbstverständlichkeit sein, denn sie ist ein Merkmal journalistischer Vielfalt und Qualität.

Offizielle Repräsentantinnen und Repräsentanten von Parteien, Unternehmen, Institutionen, Verbänden oder Branchen sind keine Expertinnen und Experten, sondern Interessenvertretungen, auf deren Besetzung wir keinen Einfluss haben.

10.6

Haltung der Hosts in digitalen Formaten

Hosts von SRF-Formaten im digitalen Raum stehen zum einen vor der Herausforderung, dass sie kanalgerecht – plakativ, persönlich, emotional, offensiv, verkürzt – agieren müssen, um überhaupt ein Publikum erreichen zu können. Zum anderen bilden Sachgerechtigkeit, Vielfalt und Unabhängigkeit das Fundament unserer publizistischen Arbeit.

Das Stichwort dafür lautet «Haltung». Ziel ist, einen Journalismus mit Haltung zu betreiben, ohne einseitig zu werden. Haltung ist die Basis, von der aus wir berichten. Diese geht tiefer als Einstellung und Meinung und ist geprägt durch Erfahrung. Haltung bedeutet konkret:

  • Offen an Dinge und Phänomene herangehen
  • Sich entdeckend in neue Situationen begeben
  • Sich fragend Orientierung verschaffen
  • Vorurteilslos bleiben oder Vorurteile offenlegen

Zur Haltung gehört auch Transparenz: Unsere Hosts sagen, woher sie etwas wissen, wie sie vorgehen, welches ihre Quellen sind und was sie nicht wissen. Zudem sind wir fair: Wir lassen verschiedene Sichtweisen zu. Das heisst allerdings nicht, dass jede und jeder in gleicher Länge zu Wort kommt. Es ist unsere journalistische Aufgabe, zu gewichten und auszuwählen. Auch das begründen wir nachvollziehbar. Haltung ist nicht wertend, aber kann bewerten. Wenn Hosts Bilanz oder ein Fazit ziehen, dann muss dies argumentativ begründet und schlüssig hergeleitet werden.

Doch so engagiert und «nah dran» Hosts auch immer sind: Sie sind weder privat noch distanzlos, sondern immer professionell – wie es ihrer Rolle und ihrem Service-public-Auftrag entspricht (siehe Kap 1.3 Distanz, Emotionen, Nähe, Haltung).

11

Allgemeine Verhaltensregeln

11.1

Offenlegung von persönlichen Interessenbindungen

Publizistisch Tätige haben, wie alle Bürgerinnen und Bürger, das Recht auf freie persönliche Meinungsäusserung. Dieses Recht ist für die SRF-Mitarbeitenden allerdings teilweise eingeschränkt. SRF-Journalistinnen und -Journalisten sind gewissermassen «öffentliche Personen». Das bedeutet, dass ihr Verhalten direkt mit SRF assoziiert wird. Die Anstellung beim Service-public-Medienhaus birgt daher die besondere Verpflichtung zu Unvoreingenommenheit und Transparenz. Die Menschen in der Deutschschweiz müssen sich darauf verlassen können, dass redaktionelle Entscheidungen ausschliesslich aufgrund nachvollziehbarer, journalistischer Erwägungen getroffen werden – und nicht aufgrund äusserer Einflüsse, privater Meinungen oder persönlicher Verbindungen. Deshalb müssen wir Interessenkonflikte ausschliessen und auch den Anschein von Befangenheit vermeiden.

Wenn die Gefahr besteht, dass Interessenbindungen einen Einfluss auf unsere journalistische Arbeit haben, treten wir in den Ausstand. Diese Regel gilt auch, wenn nur schon der Anschein von Befangenheit entstehen könnte. SRF-Mitarbeitende legen Interessenbindungen, die für ihre berufliche Tätigkeit von Bedeutung sein könnten, gegenüber den direkten Vorgesetzten offen. Diese Information ist eine Bringschuld der Mitarbeitenden. Die Offenlegungspflicht gilt für alle Gattungen und Fachbereiche.

Interessenbindungen sollen grundsätzlich bei einem Neueintritt besprochen werden. Die Bringschuld besteht aber auch, wenn sich während der Anstellungsdauer Änderungen ergeben oder wenn Mitarbeitenden Aufträge erteilt werden, deren Erfüllung mit einer Interessenbindung kollidiert. Vorgesetzte können in solchen Fällen den Ausstand anordnen.

Informationen über Interessenbindungen dürfen Dritten nur mit Zustimmung der Betroffenen zugänglich gemacht werden.

11.2

Ämter und Mandate

SRF-Mitarbeitende haben grundsätzlich das Recht, einer Partei oder Vereinigung, einem Verein oder Verband anzugehören, unter gewissen Bedingungen ein öffentliches Amt zu bekleiden oder sich darum zu bewerben. Sie haben ihre Vorgesetzten über ihre Mitgliedschaften zu informieren und vor allfälligen Bewerbungen abzuklären, ob das Amt mit einer Anstellung bei SRF vereinbar ist (Bringschuld). Die Abteilungsleitung beziehungsweise die Chefredaktionen können in begründbaren Fällen Ausstandmassnahmen anordnen oder bestimmen, dass ein Amt mit der beruflichen Tätigkeit, dem Ansehen und der Unabhängigkeit von SRF unvereinbar ist. Allgemein gilt: Je eher ein Amt oder Mandat in die Nähe der Berichterstattung von SRF rückt, desto eher ist davon Abstand zu nehmen. Ausgeschlossen sind in jedem Fall Ämter und Mandate im Bereich der eigenen publizistischen Tätigkeit.

Meistens unproblematisch sind Ämter in lokalen Institutionen (zum Beispiel Einsitz in die Exekutive einer kleinen Gemeinde oder in eine Schulkommission). Dasselbe gilt im familiären Kontext, zum Beispiel für ein Mandat in einer Familien-AG. Nicht verweigert werden kann die Zustimmung, wenn Mitarbeitende von einer Behörde zur Annahme eines öffentlichen Amtes verpflichtet werden. Gleichwohl gilt auch für solche Engagements die Meldepflicht.

Publizistisch Tätige können einer politischen, wirtschaftlichen, kulturellen, sportlichen oder religiösen Vereinigung (Partei, Verein, Verband etc.) als einfaches Mitglied angehören. Sie wahren aber ihre Unabhängigkeit und verzichten auf Mandate (Parlamentsmandate, Exekutivämter, Repräsentationsaufgaben, VR-Mandate, Beratungstätigkeiten, Werbeaktionen u. ä.). Es gelten die SRF-Ausstandregeln (siehe dazu auch 11.3 Politische und ideelle Interessenkonflikte und 11.4 Ausstandregeln).

Zulässig sind Engagements und Mandate in journalistischen Berufsverbänden oder in Organisationen, die sich für die Meinungsäusserungs- und Medienfreiheit engagieren. Für Funktionsträgerinnen und -träger gelten bei der Berichterstattung die SRF-Ausstandregeln (siehe 11.1 Offenlegung von persönlichen Interessenbindungen).

11.3

Politische und ideelle Interessenkonflikte

Publizistisch tätige SRF-Mitarbeitende stellen sich nicht in den Dienst von öffentlichen Aktionen mit politischen Zielen. Sie wahren Distanz zu Interessengruppen und Anliegen und vermeiden politische Äusserungen in der Öffentlichkeit. Detaillierte Ausführungen zur Anwendung dieses Grundsatzes in den sozialen Medien finden sich unter 11.9 Private Aktivitäten im Internet.

Folgende politische Aktivitäten sind mit unserer publizistischen Tätigkeit grundsätzlich nicht vereinbar:

  • Erstunterzeichnung von Initiativen und Referenden (einfache Unterzeichnung von Volksbegehren ist erlaubt)
  • Mitgliedschaft in Komitees von Initiativen und Referenden
  • Unterschreiben von Testimonials oder öffentlichen Aufrufen in Wahl- und Abstimmungskampagnen
  • Aktive Rolle in politischen und ideellen Kampagnen
  • Teilnahme an Umfragen/Anfragen anderer Medien zu aktuellen, kontrovers diskutierten politischen Fragen (Ausnahmen genehmigen die Chefredaktionen)

Es gilt der Grundsatz: Wir machen uns mit keiner Sache gemein, auch nicht mit einer guten.

11.4

Ausstandregeln

Die Beitragsmacherinnen, Moderatoren und Hosts von SRF berichten grundsätzlich nicht über ihnen nahestehende Personen, insbesondere Familienangehörige, Freundinnen und Freunde.

Persönliche Interessenbindungen sind in politischen und wirtschaftlichen Themenfeldern besonders heikel. Ausstandregeln gelten aber ebenso für persönliche Beziehungen und Interessenbindungen in den Bereichen Kultur, Sport, Wissenschaft und Unterhaltung.

Sie betreffen unter anderem auch ehemalige Anstellungen, Engagements, Sponsoringpartnerschaften, Vermarktungsagenturen sowie Institutionen, Branchen, Verbände, Verlage, Veranstalterinnen oder Influencer, zu denen eine persönliche Verbindung besteht.

Grundsätzlich gilt: SRF-Mitarbeitende vermeiden jeden Anschein von Befangenheit – und ebenso die Berichterstattung über Personen und Themen, mit denen sie persönlich verbunden sind oder waren. Sie machen ihre Interessenbindungen ihren Vorgesetzten gegenüber transparent und treten in den Ausstand (siehe 11.1 Offenlegung von Interessenbindungen).

Ausnahmen von der Ausstandregel müssen sachlich begründet und von den Vorgesetzten genehmigt werden.

11.5

Insiderinformationen und Aktienbesitz

SRF-Journalistinnen und -Journalisten verpflichten sich, Insiderinformationen, die ihnen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit zukommen, weder für sich selbst zu nutzen noch in irgendeiner Form an Dritte weiterzugeben.

Für wirtschaftliche Aktivitäten gelten folgende Grundsätze:

  • Publizistisch tätige SRF-Mitarbeitende dürfen nicht über Unternehmen berichten, von denen sie Aktien oder andere Wertpapiere direkt besitzen.
  • Weisungsberechtigte Führungspersonen melden Interessenbindungen ihren Vorgesetzten und treten bei Entscheidungen in den Ausstand.
  • Mitgliedern der Wirtschaftsredaktionen ist es untersagt, Aktien von börsenkotierten oder nicht börsenkotierten in- und ausländischen Unternehmen oder andere spekulative Wertpapiere zu halten oder damit zu handeln. Grundsätzlich erlaubt ist die Geldanlage in Fonds, ungehebelten Zertifikaten oder vergleichbaren Produkten. Zulässig ist auch die Abgabe der Vermögensverwaltung an eine Drittperson oder eine neutrale Stelle, die im Rahmen einer generellen Anlagestrategie alle vermögensrelevanten Entscheidungen ohne spezifische Einzelanweisungen übernimmt (diskretionäres Mandat).

Nach Antritt einer Stelle in der Wirtschaftsredaktion haben die Mitarbeitenden ein Jahr Zeit, ihre finanziellen Verhältnisse entsprechend zu ordnen. SRF-Mitarbeitende mit publizistischen Aufgaben müssen, falls konkrete Zweifel an ihrer Unabhängigkeit bestehen, auf Aufforderung der Abteilungsleitung oder der Chefredaktionen ihre Anlagekonten gegenüber einer unabhängigen Vertrauensperson offenlegen.

11.6

Geschenke und Einladungen

Geschenke und Vergünstigungen können zu Loyalität und Dankbarkeit verpflichten: SRF-Mitarbeitende nehmen deshalb keine Zuwendungen an, die ihre berufliche Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit einschränken könnten. Grundsatz: Wir wahren Distanz zu Akteurinnen und Akteuren, Veranstaltungen und Firmen. Wir vermeiden jeden Anschein von Befangenheit.

Wir akzeptieren deshalb keine Einladungen zu Reisen, Exkursionen und Aufenthalten, die uns gratis oder zu reduzierten Tarifen angeboten werden. Wenn uns eine Einladung Zugänge eröffnet, die uns sonst verschlossen blieben, die wir aus gewichtigen journalistischen Gründen jedoch nutzen möchten, dann kommen wir für deren Kosten selber auf.

Geschenke dürfen akzeptiert werden, wenn es sich um kleine Aufmerksamkeiten handelt, deren Zurückweisung unhöflich oder unverhältnismässig wäre.

Generell soll der Wert von geschenkten Sach- und Dienstleistungen 100 Franken nicht übersteigen.

Die Annahme von Bargeld ist in jedem Fall ausgeschlossen. (Siehe hierzu auch das Dokument «Korruptionsprävention in der SRG – Weisung zur Annahme und Gewährung von Geschenken und anderen Vorteilen («Antikorruptionsweisung der SRG»)».)

Leistungen von Drittpersonen, zum Beispiel Einladungen zu Premieren und anderen gesellschaftlichen Veranstaltungen, dürfen mit Zustimmung der direkten Vorgesetzten angenommen werden. Auch wer sich längerfristig auf Gästelisten setzen lässt, muss dafür die Genehmigung der Vorgesetzten einholen.

Dienstleistungen, Restaurants, Hotels, Sponsor:innen, Veranstaltungen, Hashtags, Posts etc. erwähnen wir in unseren Angeboten nur, wenn dies journalistisch zwingend und begründbar ist (siehe auch 4.12 Nennung von Markennamen und 11.9 Private Aktivitäten im Internet).

Falls Dritte die Angebote von SRF mit Sach- oder Dienstleistungen unterstützen wollen, sind zwingend die Sponsoringverantwortlichen und die Abteilungsleitung einzubeziehen.

11.7

Nebenbeschäftigungen, ausserberufliche Tätigkeiten, Werbeauftritte

Nebenberufliche und ausserberufliche Tätigkeiten («Nebenbeschäftigungen») dürfen dem Ansehen von SRF nicht schaden. Insbesondere unterliegen alle Mitarbeitenden einer Loyalitätspflicht gegenüber der Arbeitgeberin: Tätigkeiten ausserhalb von SRF dürfen nicht den Anschein erwecken, die Unabhängigkeit einer oder eines Mitarbeitenden werde kompromittiert. Heikel sind beispielsweise Tätigkeiten nahe an der Funktion bei SRF (Podcast-Produktion für andere Medienhäuser oder Moderationen von Firmenanlässen durch SRF-Mitarbeitende).

Nebenbeschäftigungen sind grundsätzlich möglich. Dabei gilt für alle Mitarbeitenden eine Bringschuld: Vor einer externen Verpflichtung müssen die Nebenbeschäftigungen via SAP-Portal der vorgesetzten Person und HR gemeldet werden. Vollzeitbeschäftigte Mitarbeitende brauchen zusätzlich eine Bewilligung durch die Abteilungsleiterin oder den Abteilungsleiter. Auf Dauer angelegte Nebenbeschäftigungen müssen mindestens einmal jährlich zur Überprüfung neu angezeigt respektive zur Bewilligung neu beantragt werden. Es gilt das Nebenbeschäftigungsreglement SRF. Auch wo aufgrund einer Teilzeitbeschäftigung nur eine Pflicht zur Anzeige besteht, kann die Abteilungsleitung eine Nebenbeschäftigung untersagen, sofern sie den Interessen von SRF zuwiderläuft.

Mitwirkung in der Werbung – insbesondere durch Werbe-, Sponsoringauftritte oder entgeltliche Social-Media-Posts – ist mit der publizistischen Arbeit im öffentlichen Medienhaus SRF unvereinbar, weil sich daraus wahrnehmbar Interessenbindungen ableiten lassen. Gleiches gilt für die Mitwirkung an Kampagnen, sei es als Testimonial oder in sonst aktiver Form. Werbliche und kommerzielle Auftritte sowie Kampagnenbeteiligung sind für SRF-Führungskräfte und für alle publizistisch tätigen SRF-Mitarbeitenden ausgeschlossen. Ausnahmen kann nur die Direktorin SRF bewilligen.

11.8

Journalistische Nebenbeschäftigungen

Die Leitung von Podien, Diskussionen oder Onlinedebatten gilt als journalistische Nebenbeschäftigung und ist vor einer Zusage an die anfragende Veranstalterin oder den Veranstalter in jedem Fall bewilligungspflichtig (via SAP-Portal: Nebenbeschäftigungen).

Vor Wahlen und Abstimmungen ist die Bewilligungspraxis sehr restriktiv. Die Leitung eines Podiums oder einer virtuellen Debatte einer einzelnen Partei respektive Interessengruppe ist nicht erlaubt. Ebenso unzulässig ist, etwa im Sport, die Leitung von Diskussionsveranstaltungen ehemaliger persönlicher Sponsorinnen und Sponsoren. Möglich sind hingegen Gesprächsleitungen in einem spezifischen Fachgebiet, in dem die SRF-Mitarbeiterin oder der SRF-Mitarbeiter besonderes Fachwissen hat und wenn auf dem Podium die wichtigsten Standpunkte zum Thema (kontradiktorisch) vertreten sind.

Gesprächsleitungen und Moderationen an Veranstaltungen, Symposien oder Fachtagungen werden nur unter der Voraussetzung bewilligt, dass die SRF-Mitarbeitenden ihre journalistische Rolle wahren können. Konkret heisst das: Themen werden 1) kontrovers debattiert und 2) die Moderation oder Gesprächsleitung wird ohne Instruktion des Veranstalters oder der Veranstalterin gestaltet.

Um jeden Anschein von Befangenheit für ihre journalistische Tätigkeit zu vermeiden, signalisieren SRF-Mitarbeitende bei ihrem Auftritt Sachlichkeit und professionelle Distanz zur Veranstalterin oder zum Veranstalter. Obwohl Mitarbeitende in der Regel wegen ihrer SRF-Bekanntheit und ihrer Expertise für Veranstaltungen engagiert werden, machen sie transparent, dass sie als Privatpersonen engagiert sind und folglich nicht die offizielle Position von SRF vertreten.

11.9

Private Aktivitäten im Internet

Internet und Social Media bieten gute Möglichkeiten, sich und die eigene Arbeit einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren und mit den User:innen zu interagieren. Wer sich als Mitarbeiter:in  von SRF auf den digitalen Plattformen bewegt, exponiert sich zwangsläufig, denn die private und die berufliche Aktivität vermischen sich in der Wahrnehmung anderer Userinnen und User. Dabei spielt es keine Rolle, wie hoch die Anzahl Follower:innen ist oder ob ein Account privat gestellt ist. Wenn publizistisch tätige Mitarbeitende mit ihren Posts den Eindruck vermitteln, sie seien bei einem Thema befangen, wecken sie Zweifel an der Unabhängigkeit der SRF-Berichterstattung und gefährden so die publizistische Unabhängigkeit von SRF.

Je nach Funktion bei SRF (zwei Kreise, siehe unten) gilt für die Mitarbeitenden und die Führungskräfte eine erhöhte Sorgfaltspflicht bei ihren Aktivitäten im digitalen Raum. Abzuwägen sind folgende Fragen: Was ist Ausdruck meiner Persönlichkeit vs. womit mache ich mich abhängig oder angreifbar? Wo hört meine persönliche Begeisterung auf und schlägt in werberische Tätigkeit oder gar Parteinahme um? Wann bin ich Teil einer ideellen Kampagne?

Wer bei SRF-Einfluss auf das publizistische Angebot hat, hält kritische Distanz. Die journalistischen Grundsätze von SRF gelten auch für die privaten Social-Media-Aktivitäten. Das gilt insbesondere gegenüber jeglichen Gruppierungen, deren Forderungen einen politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Kerninhalt haben. Insbesondere Wahl- und Abstimmungsempfehlungen sind nicht zulässig.

Grösste Zurückhaltung ist im eigenen journalistischen Fachbereich geboten, sei dieser im Informations-, Kultur-, Sport- oder Unterhaltungsbereich.

Je stärker Mitarbeitende das publizistische SRF-Angebot prägen, desto ausdrücklicher gelten die geschilderten Grundsätze.

Wir unterscheiden daher zwei Kreise von Mitarbeitenden:

  1. Mitarbeitende und Führungskräfte, die in jeglicher Form Einfluss auf Inhalt, Gestaltung und/oder Präsentation des publizistischen Angebots von SRF haben. Dazu gehören auch alle Mitarbeitenden und Führungskräfte, die in der Öffentlichkeit das Unternehmen repräsentieren, insbesondere die Mitglieder der Geschäftsleitung und die Unternehmenssprecherinnen und -sprecher.
  2. Alle übrigen Mitarbeitenden und Führungskräfte, die keinen Einfluss auf das publizistische Angebot von SRF haben und in der Öffentlichkeit nicht als Personen wahrgenommen werden, die SRF repräsentieren.

Für Kreis 1 gelten die oben genannten Grundsätze und Einschränkungen für private Aktivitäten im Internet vollumfänglich.

Für Kreis 2 gelten diese Einschränkungen grundsätzlich nicht. Als SRF-Mitarbeitende wissen sie aber, dass auch sie als Teil des Unternehmens wahrgenommen werden und daher ihre Aktivitäten mit SRF in Verbindung gebracht werden können. Sie sind sich der Wichtigkeit der publizistischen Unabhängigkeit bewusst und können sich freiwillig an den oben formulierten Grundsätzen der Sorgfalt und der kritischen Distanz orientieren.

11.10

Diskussion über SRF- Inhalte auf Social Media

Auf Publikumskritik an unseren Inhalten und Formaten, die uns über die sozialen Medien erreicht, reagieren wir klar und sachlich.

Konstruktive Kritik von Mitarbeitenden am eigenen Unternehmen und an SRF-Formaten ist erwünscht und soll auf faire Weise angebracht werden. Dafür soll der direkte, interne Weg zu den kritisierten Verantwortlichen gegangen werden. Grundsätzlich tragen wir diese Art der Kritik nicht in der Öffentlichkeit aus. Insbesondere beteiligen wir uns nicht an destruktiven Diskussionen in den sozialen Medien, die keiner Lösungsfindung dienen, sondern der Reputation von SRF schaden.

11.11

Auskünfte an Medienschaffende

Wir unterscheiden die aktive Bewerbung von SRF-Inhalten – die alle publizistisch tätigen Mitarbeitenden etwa über die sozialen Medien betreiben dürfen – und die Beantwortung von Medienanfragen.

Falls publizistische Mitarbeitende direkte Anfragen von Medien erhalten, informieren sie vor ihrer Rückmeldung die Medienstelle, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Die Medienstelle entscheidet in Absprache mit den Vorgesetzten, inwiefern Redaktionsleitende, Moderatorinnen, Produzenten, Redaktorinnen oder andere Auskünfte erteilen dürfen.

Die Redaktionen informieren den Bereich Media Relations vorab, wenn sie Medienmitteilungen zu aktuellen Beiträgen mit Primeur-Charakter (Avisierung von Agenturen etc.) selbständig verfassen.

12

Abnahme, Verwendung von Beiträgen, Mehrfachnutzung

12.1

Abnahme

Die redaktionelle Endkontrolle unserer Produkte ist Teil der publizistischen Qualitätssicherung.

Wenn immer möglich werden alle publizierten Elemente (Texte, Posts, Moderationen, Videos, Audios etc.) von einem verantwortlichen Mitglied der Redaktion abgenommen. Die Person, die einen Beitrag abnimmt, übernimmt Mitverantwortung für erkennbare Fehler und Normverstösse. Ist eine klassische Abnahme nicht möglich, wenden wir das Vier-Augen-Prinzip an (Gegencheck eines anderen Teammitglieds). Bei Moderationen von längeren Radio-Livestrecken führen wir zudem regelmässige Airchecks durch. Bei Unsicherheiten ist es ratsam, die nächsten Vorgesetzten beizuziehen.

Bei Gesprächen in Livesendungen gelten spezielle Regeln (siehe 10.2 Kompetent fragen).

12.2

Redaktionelle Bearbeitung

Redaktionen können Texte und Berichte ihrer Mitarbeitenden kürzen, ergänzen oder umformulieren. Die Autorin respektive der Autor ist bei Änderungen nach Möglichkeit beizuziehen.

Es ist darauf zu achten, dass sich bei Änderungen keine inhaltlichen Fehler einschleichen, insbesondere beim Verknappen der Aussagen in Moderation, Schlagzeilen, Trailern, Presseankündigungen oder Titelsetzungen. Kürzungen dürfen keine Abmachungen mit Protagonistinnen und Protagonisten verletzen. Das Gebot des Best Argument muss eingehalten werden.

12.3

Publizistische Verantwortung bei Mehrfachnutzung (Fachprinzip)

Auch bei der Mehrfachnutzung unserer publizierten Inhalte in verschiedenen Kanälen muss die publizistische Verantwortung geregelt sein.

Wenn Inhalte von einem (Erst-)Kanal für die Publikation auf anderen Kanälen umgesetzt werden, bedarf dies besonderer redaktioneller Sorgfalt bei der Titelsetzung, Schlagzeilen, der Anmoderation, beim Lead, bei Kürzungen sowie Ergänzungen. Es braucht deshalb klare Absprachen und Regeln zwischen den Teams, den Autor:innen und den Abnehmer:innen. Wenn immer möglich soll die Urheberin oder der Urheber des «Originalprodukts» vor der Publikation der entsprechenden Adaption kontaktiert werden. Bei zeitkritischen Publikationen, wo dies nicht möglich ist, besteht eine erhöhte Sorgfaltspflicht für die Autorin oder den Autor sowie die Person, die das Produkt abnimmt.

12.4

Zugriff auf Material anderer, Verwendung von Fremdmaterial

SRF-Journalistinnen und -Journalisten haben Zugriff auf Material, das andere im Unternehmen bereitgestellt haben. Publiziertes Material steht grundsätzlich allen zur Verfügung, ausser Restriktionen sind speziell vermerkt. Rohmaterial darf nur nach Absprache mit der Autorin, dem Autor oder der verantwortlichen Redaktion verwendet werden.

Vor der Verwendung von fremdem Material sind Hinweise auf allfällige Restriktionen zu beachten, zum Beispiel Einschränkungen aufgrund von Persönlichkeitsschutz oder Urheberrecht.

Ob frei zugängliches Material (vor allem im Internet) urheberrechtlich geschützt ist oder nicht, ist oft schwierig zu beurteilen. Urheberrechtlich geschütztes Material können wir nur ausnahmsweise ohne Einwilligung der Urheberin beziehungsweise des Urhebers verwenden: nämlich dann, wenn es im Rahmen eines Zitats oder zwecks aktueller Berichterstattung verwendet wird. Die entsprechenden Voraussetzungen sind gesetzlich umschrieben und müssen berücksichtigt werden. Bei Fragen gibt der SRF-Rechtsdienst Auskunft.

12.5

Exklusivbeiträge, Primeurs

SRF-Journalistinnen und -Journalisten streben bei wichtigen Ereignissen die Themenführerschaft an. SRF soll in anderen Medien als Nachrichtenquelle zitiert werden.

Umgekehrt respektieren wir Primeurs von Kolleginnen und Kollegen anderer Medienunternehmen und erwähnen sie entsprechend (zum Beispiel «Wie die NZZ in ihrer heutigen Ausgabe berichtet …»).

Über eigene Primeurs sowie exklusive Geschichten und Gespräche werden der Newsroom respektive die Redaktionen von SRF-Nachrichtensendungen so früh wie möglich vorinformiert. Dies gewährleistet eine optimale Planung einer Themenkarriere, also einer geschickt gestaffelten Publikation des Themas auf allen SRF-Kanälen. Ebenso ist bei publizitätsträchtigen Primeurs im Vorfeld der Publikation der Bereich Media Relations zu informieren.

13

Beanstandungen, Fehler, Klagen

13.1

Gegendarstellung

Das Gegendarstellungsrecht erlaubt einer in ihrer Persönlichkeit unmittelbar betroffenen Person, ihre Sicht der Dinge darzulegen (siehe Art. 28g ZGB). Bei einer Gegendarstellung bleibt für das Publikum offen, wer Recht hat.

Die Gegendarstellung muss sich auf Tatsachendarstellungen beziehen und in knapper Form verfasst sein. Wird ein Gegendarstellungsbegehren gestellt, ist dieses ohne Verzug dem SRF-Rechtsdienst zu unterbreiten, damit dieser eine Beurteilung der rechtlichen Voraussetzungen vornehmen kann.

Die meisten Gegendarstellungen können wir vermeiden, wenn wir die kritisierten Parteien im Beitrag genügend zu Wort kommen lassen.

Sind die Voraussetzungen einer Gegendarstellung gegeben, wird sie in der Regel in der nächsten Ausgabe der gleichen Sendung an gleicher Stelle im Rahmen einer Moderation platziert oder bei der entsprechenden Onlinepublikation veröffentlicht. Die Gegendarstellung ist als solche zu kennzeichnen. In einer Gegendarstellung kann die Redaktion anmerken, dass sie an ihrer Darstellung festhält.

13.2

Beanstandungen bei Ombudsstelle und UBI

Innerhalb von 20 Tagen nach der Publikation eines Beitrags kann jede Person bei der Ombudsstelle eine Beanstandung einreichen. Innerhalb von 40 Tagen muss die Ombudsstelle ihren Schlussbericht fertigstellen, in dem sie darlegt, wie sie den Fall einschätzt.

Beanstandungen zu Beiträgen vor Wahlen und Abstimmungen werden von der Ombudsstelle in jedem Fall noch vor dem jeweiligen Urnengang behandelt. Entsprechend kann sich die 40-Tage-Frist in diesen Fällen erheblich verkürzen.

Nach dem Verfahren vor der Ombudsstelle kann die Person, welche die Beanstandung eingereicht hat, bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz (UBI) Beschwerde erheben. Die SRG kann einen UBI-Entscheid immer ans Bundesgericht weiterziehen. Die Beschwerdeführenden können das hingegen nur, wenn sie von der entsprechenden Publikation direkt betroffen waren.

Stellt die UBI oder das Bundesgericht fest, dass SRF gegen das Programmrecht verstossen hat, so berichtet die verantwortliche Redaktion in der nächsten Ausgabe kurz und sachlich darüber.

13.3

Publikationsverbote

Wenn eine Person bei Gericht glaubhaft macht, dass die bevorstehende Ausstrahlung eines Berichts ihre Rechte verletzt und ihr einen «besonders schweren Nachteil» zufügt, kann sie die Ausstrahlung mit einer vorsorglichen Massnahme verbieten lassen – bei zeitlicher Dringlichkeit sogar ohne Anhörung der Redaktion und sehr kurzfristig mit einer superprovisorischen Verfügung (siehe Art. 261 ff., insb. 265 und 266 ZPO).

Wird eine solche Massnahme angekündigt oder erlassen, sind umgehend die Chefredaktionen respektive die Angebotsverantwortlichen zu informieren. Bei einem absehbaren Verbot muss der SRF-Rechtsdienst frühzeitig beigezogen werden.

Hat ein Gericht eine superprovisorische Verfügung gegen die Ausstrahlung eines Beitrags ausgesprochen, müssen wir diese einhalten. Eine vorsätzliche Missachtung des Verbots kann nur in Extremfällen in Betracht gezogen werden.

Sie muss in jedem Fall von der Abteilungsleitung beziehungsweise den Chefredaktionen genehmigt werden.

13.4

Umgang mit Löschbegehren

Das Onlineangebot von SRF ist dauerhaft abrufbar. Dieses digitale Archiv ist von öffentlichem Interesse: Laut dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gehört zur freien Meinungsbildung auch der Anspruch, Ereignisse der Vergangenheit recherchieren zu können.

SRF ist immer wieder konfrontiert mit Begehren von Personen, die eine Löschung eines älteren, sie betreffenden Onlinebeitrags fordern. Auf solche Begehren reagiert SRF bewusst restriktiv. Wir schliessen eine Löschung grundsätzlich aus, denn SRF gewichtet das öffentliche Interesse an der Archivfunktion seines Onlineangebots höher als den individuellen Schutz der Persönlichkeit: Gemäss EGMR nehmen Medien ihre Aufgabe auch dadurch wahr, dass sie frühere Onlinebeiträge für interessierte Mediennutzende verfügbar halten. Die Anonymisierung eines Onlinebeitrags ist möglich, bleibt aber die absolute Ausnahme.

Macht eine Person geltend, dass ein älterer Onlinebeitrag sie heute in ihrer Persönlichkeit widerrechtlich verletzt, prüft SRF die Anonymisierung des Beitrags. Dazu zieht die Redaktion immer den SRF-Rechtsdienst bei, der die Einzelfallbeurteilung vornimmt und zusammen mit der zuständigen Chefredaktion respektive der betroffenen Abteilungsleitung über das Begehren entscheidet.

Anonymisieren wir im Ausnahmefall einen Beitrag, machen wir dies online transparent und vermerken dies entsprechend im Archiv, um eine Wiederverwendung auszuschliessen.

13.5

Rechtlicher Schutz

SRF stellt sich hinter seine Mitarbeitenden, wenn sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit mit der Justiz in Konflikt kommen, und gewährt ihnen juristische Unterstützung.

Wird gegen Redaktorinnen oder Redaktoren Anzeige erstattet oder ein Gerichtsverfahren eingeleitet, ist unverzüglich die Abteilungsleitung beziehungsweise die Chefredaktion zu benachrichtigen.

Rechtsschutz wird nicht gewährt bei vorsätzlichem Fehlverhalten oder grober Fahrlässigkeit.

Das Recht setzt der journalistischen Recherche und Publikation auch Grenzen: Kann eine Recherche oder Publikation strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen (beispielsweise wegen Hausfriedensbruchs), ist die Abteilungsleitung beziehungsweise die zuständige Chefredaktion zu involvieren.

Sind Mitarbeitende von Hate Speech betroffen, bietet SRF rechtliche Unterstützungen und Informationen zu Anlaufstellen für psychologische Unterstützung.

13.6

Aufbewahrung von Materialien

Das Radio- und Fernsehgesetz verpflichtet SRF, publizierte Inhalte aufzubewahren, teilweise bis mindestens vier Monate ab Publikationszeitpunkt. Diese Aufbewahrungspflicht gilt auch für das gesamte Rohmaterial (Rechercheunterlagen, unbearbeitete Interviewaufnahmen etc.).

Rohmaterial und Unterlagen zu Beiträgen, die kontrovers sind oder Potenzial für einen Rechtsstreit haben, müssen im eigenen Interesse unbedingt länger aufbewahrt werden.

Wer beispielsweise ein Verfahren vor dem Presserat anstrebt, hat dafür drei Monate ab Publikation Zeit. Für zivilrechtliche Klagen steht je nach Anspruch, der geltend gemacht werden will, noch mehr Zeit zur Verfügung. Wird tatsächlich ein Verfahren eingeleitet (Ombudsstelle, UBI, Presserat, BAKOM-Aufsichtsverfahren, Strafrecht, Zivilrecht etc.), müssen sämtliche Unterlagen bis zum Ende des Verfahrens aufbewahrt werden.

Für die Aufbewahrung und die Sicherung des Datenmaterials ist die Autorin oder der Autor verantwortlich.

Anhang

In diesem Anhang werden die wichtigsten Rechtsgrundlagen sowie interne Richtlinien und Weisungen wiedergegeben, welche die journalistische Arbeit von SRF bestimmen. Aus Platzgründen sind die meisten Dokumente nur auszugsweise zitiert, die vollständigen Ausgaben sind in der Onlineversion der Publizistischen Leitlinien SRF verlinkt.

    1. Radio- und Fernsehartikel in der Bundesverfassung
    2. Inhaltliche Vorschriften im Radio- und Fernsehgesetz (RTVG)
    3. Inhaltliche Vorschriften der SRG-Konzession
    4. Angebotscharta der SRG
    5. Nationale KI-Prinzipien der SRG
    6. Grundsätze der UBI-Rechtsprechung

 

1
Radio- und Fernsehartikel in der Bundesverfassung

Die Grundlage für die Radio- und Fernsehgesetzgebung bildet Artikel 93 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999.

Art. 93 – Radio und Fernsehen

  1. Die Gesetzgebung über Radio und Fernsehen sowie über andere Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen ist Sache des Bundes.
  2. Radio und Fernsehen tragen zur Bildung und kulturellen Entfaltung, zur freien Meinungsbildung und zur Unterhaltung bei. Sie berücksichtigen die Besonderheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone. Sie stellen die Ereignisse sachgerecht dar und bringen die Vielfalt der Ansichten angemessen zum Ausdruck.
  3. Die Unabhängigkeit von Radio und Fernsehen sowie die Autonomie in der Programmgestaltung sind gewährleistet.
  4. Auf die Stellung und die Aufgabe anderer Medien, vor allem der Presse, ist Rücksicht zu nehmen.
  5. Programmbeschwerden können einer unabhängigen Beschwerdeinstanz vorgelegt werden.

 

2
Inhaltliche Vorschriften im Radio- und Fernsehgesetz (RTVG)

Das Bundesgesetz für Radio und Fernsehen (RTVG), das am 24. März 2006 von den Räten verabschiedet und per

1. April 2007 in Kraft gesetzt worden ist, formuliert zahlreiche inhaltliche Anforderungen an Radio- und Fernsehprogramme und insbesondere auch an die SRG. Auszüge:

Art. 4 – Mindestanforderungen an den Programminhalt

  1. Alle Sendungen eines Radio- oder Fernsehprogramms müssen die Grundrechte achten. Die Sendungen haben insbesondere die Menschenwürde zu achten, dürfen weder diskriminierend sein noch zu Rassenhass beitragen, noch die öffentliche Sittlichkeit gefährden, noch Gewalt verherrlichen oder verharmlosen.
  2. Redaktionelle Sendungen mit Informationsgehalt müssen Tatsachen und Ereignisse sachgerecht darstellen, so dass sich das Publikum eine eigene Meinung bilden kann. Ansichten und Kommentare müssen als solche erkennbar sein.
  3. Die Sendungen dürfen die innere oder äussere Sicherheit des Bundes oder der Kantone, ihre verfassungsmässige Ordnung oder die Wahrnehmung völkerrechtlicher Verpflichtungen der Schweiz nicht gefährden.
  4. Konzessionierte Programme müssen in der Gesamtheit ihrer redaktionellen Sendungen die Vielfalt der Ereignisse und Ansichten angemessen zum Ausdruck bringen. Wird ein Versorgungsgebiet durch eine hinreichende Anzahl Programme abgedeckt, so kann die Konzessionsbehörde einen oder mehrere Veranstalter in der Konzession vom Vielfaltsgebot entbinden.

Art. 5 – Jugendgefährdende Sendungen
Programmveranstalter haben durch die Wahl der Sendezeit oder sonstige Massnahmen dafür zu sorgen, dass Minderjährige nicht mit Sendungen konfrontiert werden, welche ihre körperliche, geistig-seelische, sittliche oder soziale Entwicklung gefährden.

Art. 5a – Mindestanforderungen an das übrige publizistische Angebot der SRG
Von der Redaktion gestaltete Beiträge im übrigen publizistischen Angebot der SRG müssen den Programmgrundsätzen nach den Artikeln 4 und 5 genügen. Das Vielfaltsgebot (Art. 4 Abs. 4) gilt ausschliesslich für Wahl- und Abstimmungsdossiers.

Art. 6 – Unabhängigkeit und Autonomie

  1. Soweit das Bundesrecht nichts anderes bestimmt, sind die Programmveranstalter nicht an die Weisungen von eidgenössischen, kantonalen oder kommunalen Behörden gebunden.
  2. Sie sind in der Gestaltung, namentlich in der Wahl der Themen, der inhaltlichen Bearbeitung und der Darstellung ihrer Programme, frei und tragen dafür die Verantwortung.
  3. Niemand kann von einem Programmveranstalter die Verbreitung bestimmter Darbietungen und Informationen verlangen.

Art. 9 – Erkennbarkeit der Werbung

  1. Werbung muss vom redaktionellen Teil des Programms deutlich getrennt und als solche eindeutig erkennbar sein. Der Bundesrat kann diejenigen Formen der Werbung, welche die Trennung oder die Erkennbarkeit gefährden, untersagen oder besonderen Bestimmungen unterwerfen.
  2. Ständige Programmmitarbeiterinnen und -mitarbeiter des Veranstalters dürfen in seinen Werbesendungen nicht mitwirken. Die lokalen und regionalen Veranstalter mit beschränkten finanziellen Mitteln sind von dieser Beschränkung ausgenommen.

Art. 20 – Aufzeichnung und Aufbewahrung der Sendungen sowie der Beiträge im übrigen publizistischen Angebot der SRG

  1. Veranstalter schweizerischer Programme müssen alle Sendungen aufzeichnen und die Aufzeichnungen sowie die betreffenden Materialien und Unterlagen während mindestens vier Monaten aufbewahren. Der Bundesrat kann bestimmte Kategorien von Veranstaltern von dieser Pflicht befreien.
  2. Beiträge im übrigen publizistischen Angebot der SRG sind ebenfalls aufzuzeichnen und zusammen mit den betreffenden Materialien und Unterlagen aufzubewahren. Der Bundesrat regelt die Dauer und den Umfang der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht unter Berücksichtigung der technischen Möglichkeiten und der Zumutbarkeit für die SRG.
  3. Wird innert der Aufbewahrungsfrist bei der Ombudsstelle eine Beanstandung eingereicht oder bei der unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen eine Beschwerde erhoben oder wird von Amtes wegen ein Aufsichtsverfahren eröffnet, so müssen die betreffenden Aufzeichnungen, Materialien und Unterlagen bis zum Abschluss des Verfahrens aufbewahrt werden.

Art. 24 – Programmauftrag

  1. Die SRG erfüllt den verfassungsrechtlichen Auftrag im Bereich von Radio und Fernsehen (Programmauftrag). Insbesondere:
    1. versorgt sie die gesamte Bevölkerung inhaltlich umfassend mit gleichwertigen Radio- und Fernsehprogrammen in den drei Amtssprachen;
    2. fördert sie das Verständnis, den Zusammenhalt und den Austausch unter den Landesteilen, Sprachgemeinschaften, Kulturen und gesellschaftlichen Gruppierungen und berücksichtigt sie die Eigenheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone;
    3. fördert sie die engere Verbindung zwischen den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern und der Heimat sowie die Präsenz der Schweiz und das Verständnis für deren Anliegen im Ausland.
  2. Für die rätoromanische Schweiz veranstaltet die SRG mindestens ein Radioprogramm. Im Übrigen legt der Bundesrat die Grundsätze fest, nach denen die Radio- und Fernsehbedürfnisse dieser Sprachregion zusätzlich berücksichtigt werden müssen.
  3. Der Bundesrat legt die Grundsätze fest, nach denen die Bedürfnisse der Menschen mit Sinnesbehinderungen berücksichtigt werden müssen. Er bestimmt insbesondere, in welchem Ausmass Spezialsendungen in Gebärdensprache für gehörlose Menschen angeboten werden müssen.
  4. Die SRG trägt bei zur:
    1. freien Meinungsbildung des Publikums durch umfassende, vielfältige und sachgerechte Information insbesondere über politische, wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge;
    2. kulturellen Entfaltung und zur Stärkung der kulturellen Werte des Landes sowie zur Förderung der schweizerischen Kultur unter besonderer Berücksichtigung der Schweizer Literatur sowie des Schweizer Musik- und Filmschaffens, namentlich durch die Ausstrahlung von Schweizer Produktionen und eigenproduzierten Sendungen;
    3. Bildung des Publikums, namentlich durch die regelmässige Ausstrahlung von Sendungen mit bildenden Inhalten;
    4. Unterhaltung.
  5. In wichtigen, über die Sprach- und Landesgrenze hinaus interessierenden Informationssendungen ist in der Regel die Standardsprache zu verwenden.

Art. 25 – Konzession

  1. Der Bundesrat erteilt der SRG eine Konzession.
  2. Vor der Konzessionserteilung oder vor Konzessionsänderungen mit medienpolitischer Tragweite wird eine Anhörung durchgeführt.
  3. Die Konzession bestimmt namentlich:
    1. die Anzahl und die Art der Radio- und Fernsehprogramme;
    2. den Umfang des übrigen publizistischen Angebots, das zur Erfüllung des Programmauftrags auf sprachregionaler, nationaler und internationaler Ebene notwendig ist und aus den Empfangsgebühren finanziert wird;
    3. die Einzelheiten der Berücksichtigung der Schweizer Literatur sowie des schweizerischen Musik- und Filmschaffens nach Artikel 24 Absatz 4 Buchstabe b; sie kann entsprechende Mindestanteile vorschreiben.
  4. Die SRG kann einzelne Programme in Zusammenarbeit mit anderen Veranstaltern anbieten. Die Zusammenarbeit wird in Verträgen geregelt, die der Zustimmung des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) bedürfen.
  5. Das UVEK kann einzelne Bestimmungen der Konzession vor Ablauf ihrer Dauer ändern, wenn die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse sich geändert haben und die Änderung zur Wahrung wichtiger Interessen notwendig ist. Der SRG wird eine angemessene Entschädigung ausgerichtet.
  6. Das UVEK kann die Konzession der SRG einschränken oder teilweise suspendieren, wenn:
    1. die Aufsichtsbehörde nach Artikel 89 einen Antrag gestellt hat;
    2. die SRG ihre Pflichten zu Finanzhaushalt und Rechnungslegung (Art. 35 und 36) wiederholt oder schwer verletzt hat.

Art. 31 – Organisation der SRG

  1. Die SRG organisiert sich so, dass:
    1. ihre Autonomie und Unabhängigkeit vom Staat und von einzelnen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Gruppierungen gewähr­leistet sind;
    2. sie wirtschaftlich geführt wird und die Empfangsgebühren ihrem Zweck entsprechend verwendet werden;
    3. die Anliegen der Sprachregionen berücksichtigt werden und eine nationale Leitung und Koordination sichergestellt ist;
    4. das Publikum in der Organisation vertreten ist;
    5. die redaktionelle Tätigkeit von den wirtschaftlichen Aktivitäten getrennt ist;
    6. sie nach aktienrechtlichen Prinzipien geleitet, überwacht und kontrolliert werden kann.
  2. Ihre Statuten müssen durch das UVEK genehmigt werden.

 

3
Inhaltliche Vorschriften der SRG-Konzession

Konzession für die SRG vom 29. August 2018, Stand 1. März 2020. Auszüge:

Art. 3 – Grundsätze betreffend das publizistische Angebot

  1. Das publizistische Angebot der SRG besteht aus Radio- und Fernsehprogrammen sowie aus Online-Beiträgen.
  2. Es orientiert sich am Gemeinwohl und bietet dem Publikum eine verlässliche Orientierung in Staat und Gesellschaft. Es beruht auf den Grundwerten einer demokratischen Gesellschaft, wie sie in der Bundesverfassung und den für die Schweiz verbindlichen internationalen Übereinkommen festgehalten sind, und respektiert die Menschenwürde des Individuums.
  3. Die SRG bemüht sich um eine angemessene Darstellung und Vertretung der Geschlechter in ihrem publizistischen Angebot.
  4. Sie fördert mit der Gesamtheit ihres publizistischen Angebots das Verständnis, den Zusammenhalt und den Austausch unter den Landesteilen, Sprachgemeinschaften, Kulturen, Religionen und gesellschaftlichen Gruppierungen und berücksichtigt die Besonderheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone.
  5. Sie trägt mit ihrem publizistischen Angebot den unterschiedlichen Anliegen und Interessen des Publikums Rechnung und strebt eine hohe Akzeptanz und Reputation bei den verschiedenen Ansprech- und Zielgruppen an.
  6. Sie erbringt gleichwertige Angebote in deutscher, französischer und italienischer Sprache und berücksichtigt das Rätoromanische auf angemessene Weise.

Art. 4 – Anforderungen an die Qualität des Angebots und Qualitätssicherung

  1. Das publizistische Angebot der SRG hat hohen qualitativen und ethischen Anforderungen zu genügen. Es zeichnet sich aus durch Relevanz, Professiona­lität, Unabhängigkeit, Vielfalt und Zugänglichkeit.
  2. Die SRG betreibt zur Umsetzung der Vorgaben nach Absatz 1 ein Qualitätssicherungssystem, das für jeden Bereich ihres redaktionellen Angebots mindestens Folgendes umfasst:
    1. inhaltliche und formale Qualitätsstandards;
    2. festgeschriebene Prozesse zur Überprüfung der festgelegten Qualitätsstandards.
  3. Sie veröffentlicht die Standards, überprüft sie regelmässig unter Berücksichtigung der anerkannten medienwissenschaftlichen Erkenntnisse und der besten in- und ausländischen publizistischen Praxis.
  4. Sie lässt regelmässig Qualitätskontrollen durch externe Sachverständige mit der entsprechenden beruflichen Qualifikation und Erfahrung durchführen und informiert die Öffentlichkeit über die Ergebnisse.
  5. Das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) lässt Stichproben des publizistischen Angebots regelmässig durch qualifizierte Institutionen analysieren und veröffentlicht die Ergebnisse.
  6. Die SRG fördert die Teilnahme ihrer Mitarbeitenden an berufsspezifischen Aus- und Weiterbildungskursen. Sie berichtet im Rahmen der jährlichen Bericht­erstattung über die Massnahmen, die sie in diesem Bereich ergreift.

Art. 18 – Übriges publizistisches Angebot

  1. Das übrige publizistische Angebot nach Artikel 25 Absatz 3 Buchstabe b RTVG umfasst:
    1. die Online-Angebote nach Absatz 2;
    2. den Teletext;
    3. den Dienst Hybrid Broadcast Broadband Television (HbbTV);
    4. ein multimediales Angebot für die italienische Sprachregion;
    5. programmassoziierte Informationen;
    6. das publizistische Angebot für das Ausland nach Artikel 28 Absatz 1 RTVG;
    7. Begleitmaterialien zu einzelnen Sendungen
  2. Für Online-Angebote gelten folgende Grundsätze:
    1. Den Schwerpunkt bilden Audioinhalte und audiovisuelle Inhalte.
    2. Online-Inhalte mit Sendungsbezug weisen einen zeitlich und thematisch direkten Bezug zu redaktionell aufbereiteten Sendungen oder Teilen von Sendungen auf. Textbeiträge enthalten die Information, auf welche Sendung sie sich beziehen.
    3. Bei Online-Inhalten ohne Sendungsbezug sind Textbeiträge in den Sparten Nachrichten, Sport und Regionales oder Lokales auf höchstens 1000 Zeichen beschränkt. Diese Einschränkung gilt nicht für das Online-Angebot in rätoromanischer Sprache.
    4. 75 Prozent der Textbeiträge, die nicht älter sind als 30 Tage, sind mit Audio­inhalten oder audiovisuellen Inhalten verknüpft.
    5. Spiele und Publikumsforen werden nur angeboten, wenn sie einen zeitlich und thematisch direkten Bezug zu einer Sendung haben. Marktplätze dürfen nicht angeboten werden.
    6. Links zu Online-Angeboten Dritter werden ausschliesslich nach redaktionellen Kriterien gesetzt und dürfen nicht kommerzialisiert werden.
    7. Eigenwerbung ist erlaubt, sofern sie überwiegend der Publikumsbindung dient. Die Nennung von publizistischen Partnerinnen und Partnern bei Koproduktionen gilt nicht als Sponsoring. Eigenständige Angebote, die Basiswissen vermitteln und sich zeitlich und thematisch direkt auf eine bildende Sendung beziehen, können gesponsert werden und Werbung enthalten, sofern die Sendung in Zusammenarbeit mit nicht gewinnorientierten Dritten hergestellt wird. Die Werbe- und Sponsoringbestimmungen des RTVG und der RTVV gelten sinngemäss. 
  3. Veranstaltet die SRG für die italienische Sprachregion nur eines der beiden Programme nach Artikel 17 Absatz 1, so stellt sie für diese Region das multimediale Angebot nach Absatz 1 Buchstabe d bereit. Dieses besteht aus verschiedenen Formaten, insbesondere Audio, Video, Text und Bild. Den Schwerpunkt bilden eigens dafür produzierte audiovisuelle Inhalte, die sowohl auf Abruf als auch linear bereitgestellt werden. Für dieses Angebot gelten folgende Grundsätze:
    1. Die Bestimmungen nach Absatz 2 gelten sinngemäss.
    2. Texte nach Absatz 2 Buchstabe b sowie Spiele und Foren weisen einen zeitlich und thematisch direkten Bezug zu Audio- und Videobeiträgen des multimedialen Angebots oder zu Sendungen der Programme nach Artikel 17 Absätze 1 und 3 auf.
  4. Das publizistische Angebot für das Ausland fördert den Kontakt der Auslandschweizerinnen und -schweizer zur Heimat und die Präsenz der Schweiz im Ausland sowie das Verständnis für deren Anliegen. Es besteht aus einem mehrsprachigen Online-Dienst, einem internationalen italienischsprachigen Online-Dienst und internationaler Zusammenarbeit im Bereich des Fernsehens. Die Einzelheiten werden in der Leistungsvereinbarung zwischen dem Bund und der SRG nach Artikel 28 Absatz 1 RTVG festgelegt.
  5. Die von der SRG oder einer Unternehmenseinheit der SRG verantworteten Inhalte sind für die Öffentlichkeit als solche erkennbar gekennzeichnet.

 

4
Angebotscharta der SRG

Version vom 1. März 2021 (als PDF-Version im Intranet)

Präambel
Das Publikum und der Einsatz für die nationale Kohäsion stehen im Mittelpunkt unseres Handelns. Wir erfüllen unseren Auftrag, wie ihn uns die Bundesverfassung, das Gesetz und die SRG-Konzession erteilen. Am Radio, im Fernsehen und digital orientieren wir uns bei unserer Arbeit an gemeinsamen Normen, welche die Werte des Service public widerspiegeln. Die Angebotscharta setzt unseren ethischen und qualitativen Rahmen. Sie gilt für sämtliche Inhalte und bindet alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SRG, auch bei der Vergabe von Aufträgen an Dritte. RSI, RTR, RTS, SRF und SWI ergänzen die Angebotscharta mit eigenen Richtlinien für die praktische Arbeit.

Unser Angebot steht im Dienst des Gemeinwesens und ist für alle zugänglich
Unser Angebot richtet sich an alle Menschen in der Schweiz und an die Schweizerinnen und Schweizer im Ausland – unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft, Religion, sexueller Orientierung, Beeinträchtigungen oder Lebensmodellen. Wir pflegen den Dialog mit der Bevölkerung und den Vertreterinnen und Vertretern aus Zivilgesellschaft, Politik, Kultur, Wirtschaft und Sport.

Wir sorgen dafür, dass unser Angebot und unser Archivmaterial über Wege verbreitet wird, die für unsere verschiedenen Zielgruppen geeignet sind. Wir bereiten unsere Inhalte so auf, dass sie für alle zugänglich und verständlich sind. Dabei berücksichtigen wir die Bedürfnisse der Menschen mit einer Sinnesbehinderung.

Wir fördern die Vielfalt und das Zusammenleben
Wir bilden die kulturelle, gesellschaftliche, geografische und politische Vielfalt der Schweiz ab. Unser Angebot besteht aus einer breiten Palette an Inhalten aller Genres und Formate und gibt möglichst allen Meinungen und Realitäten Raum. Es stützt sich auf die Hauptpfeiler Information, Kultur, Unterhaltung und Sport. Zudem leisten wir unseren Beitrag zu Bildung und Wissen. Wir gehen auf unterschiedliche Bedürfnisse ein und lassen verschiedenste Gruppen – zum Beispiel nach Alter, Gender, Bildungsstand, ökonomischem Hintergrund und kultureller Herkunft – in der Bevölkerung zu Wort kommen. Besondere Aufmerksamkeit schenken wir Minderheiten, jungen Menschen, Menschen mit Migrati­onshintergrund und Menschen mit einer Sinnesbehinderung. Wir legen Wert auf eine ausgewogene Vertretung von Männern und Frauen. Unser Angebot unterscheidet sich von den kommerziellen Angeboten. Wir setzen auf eigenprodu­zierte Inhalte.

Dank unserer regionalen Verankerung bieten wir Einblick in Gemeinsamkeiten und regionale Besonderheiten. So erleichtern wir das Verständnis zwischen den Landesteilen, Regionen, Kulturen und Gemeinschaften, und wir festigen den Zusammenhalt. Dabei unterstützt unsere interregionale Zusammenarbeit den Austausch von Angeboten und nationale Projekte. Ausserdem fördern wir den Austausch mit Schweizerinnen und Schweizern im Ausland und den Einbezug ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Wir handeln verantwortungsbewusst
Wir sind uns der möglichen Wirkungen unserer Inhalte auf das Publikum bewusst. Wir richten unsere Inhalte und die Art und Weise, wie wir sie präsentieren, bewusst auf das Ziel aus, die Realität sachgerecht, unvoreingenommen und ausgewogen darzustellen. Wir kennen unsere ethischen und rechtlichen Pflichten und halten sie ein.

In unserer Arbeit begegnen wir allen Menschen offen und mit steter Achtung der persönlichen Integrität – bei Bedarf kritisch, aber immer respektvoll. Wir wahren die Privatsphäre, ausser es überwiegt das öffentliche Gemeinwohl, und wir halten uns an die geltenden Berufsregeln. Menschen, die des Schutzes bedürfen, schützen wir in geeigneter Weise; besonderes Augenmerk legen wir dabei auf Kinder. Wir enthalten uns jeglicher Vorurteile, verwenden eine unvoreingenommene und gendergerechte Sprache und verzichten auf Stereotype.

Wir sind unabhängig
Wir treffen journalistische Entscheide frei von Einflüssen aus Politik, Wirtschaft und sonstiger Interessengruppen. Wir beugen uns keinem Druck. Wir entscheiden unabhängig von persönlichen Interessen oder Neigungen. Wir lassen uns nicht bestechen.

Wir finden eigene Zugänge zu Themen und entscheiden selbst, welche Themen wir behandeln wollen, ohne sie uns vorsetzen zu lassen.

Wir berichten professionell und relevant
In der Flut von Informationen legen wir Wert auf die Glaubwürdigkeit unseres Angebots. Wir recherchieren Information, überprüfen sie, ordnen sie ein und gewichten sie. Bei Bedarf kommentieren wir sie und stellen sie richtig. Die Ermittlung der Fakten ist wichtiger als Geschwindigkeit und Verbreitungsansprüche.

Wir verbreiten nur Informationen aus verlässlichen Quellen oder überprüfen sie sorgfältig vor der Weitergabe.

Wir bemühen uns, alle Tatsachen zu ermitteln, die für das Verständnis eines Sachverhalts relevant sind. Wir pflegen keinen tendenziösen Thesenjournalismus, unser Journalismus ist unvoreingenommen und wir bieten einen offenen Raum für eine informierte Debatte. Wir legen unsere Absichten in aller Klarheit offen.

Kommentare machen wir erkennbar. Wir lehnen jede Form von Manipulation oder Verzerrung der Wahrheit mit Hilfe von Bild, Ton und Text ab. Falsche Informationen berichtigen wir umgehend und angemessen.

Die von uns behandelten Themen sollen Antworten auf universelle Fragestellungen bieten. Die Relevanz eines Themas ergibt sich insbesondere aus dessen Aktualität und Bedeutung für Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft.

Räumliche, emotionale und kulturelle Nähe zum Publikum sind ebenfalls bedeutsame Faktoren.

Wir sind innovativ
Kreativität ist die Triebfeder unseres Handelns. Wir treiben den digitalen Wandel voran und fördern die Innovation.

Wir unterstützen Risikobereitschaft und wir lernen aus den Erfahrungen. Wir stellen uns ständig infrage, greifen neue Erzählweisen auf und nutzen aktiv die Chancen von technischen Entwicklungen. Wir berücksichtigen das Nutzungsverhalten der jüngeren Generationen. Wir zögern nicht, unseren jungen Talenten zu vertrauen und ihnen Verantwortung zu übertragen.

Wir verpflichten uns zu einer nachhaltigen Unternehmensführung und halten die negativen Auswirkungen unserer Arbeit auf die Umwelt so gering wie möglich. Wir setzen unser Budget verantwortungsbewusst und effizient ein, indem wir auf innovative Produktionsweisen setzen. Wir streben danach, dass zwischen der Schweiz von gestern und der Schweiz von morgen ein starkes Band besteht, indem wir die Schweiz von heute und ihren stetigen Wandel abbilden.

 

5
Nationale KI-Prinzipien der SRG

Präambel
Die SRG verfolgt mit grossem Interesse die Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI). Insbesondere die generative KI führt zu bedeutenden Veränderungen im Medienbereich und eröffnet eine Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten.

Die SRG nutzt das Potenzial von KI beispielsweise für die Effizienzsteigerung und minimiert gleichzeitig die Risiken. Der Umgang mit KI stützt sich auf klare Regeln, Transparenz und menschliche Verantwortung. Die Verantwortung für diesen Umgang liegt bei allen Mitarbeitenden der SRG, die KI als Arbeitsinstrument nutzen.

Qualitativ hochstehender Journalismus ist das höchste Gut der SRG. Der Einsatz von KI wie auch anderer Technologien ist niemals Selbstzweck, sondern dient immer der Qualitätserhaltung oder -steigerung.

Wo in der SRG die Vorzüge der KI genutzt werden, werden rechtliche Vorgaben (zum Beispiel das Urheberrecht und der Datenschutz) sowie die berufsethischen Normen, die dem Leistungsauftrag des öffentlichen Medienhauses zugrunde liegen, eingehalten. Dies ist nötig, um das wichtige Vertrauensverhältnis mit dem Publikum zu erhalten und zu festigen.

Verantwortung
Beim Einsatz von KI liegt die Verantwortung immer beim Menschen. KI ist kein Ersatz für menschliche Expertise. Sie dient lediglich als Arbeitsinstrument. Wer KI nutzt, muss die Richtigkeit der generierten Ergebnisse sowie die Qualität der Prozesse überprüfen.

Transparenz
Die SRG ist transparent beim Einsatz von KI. Massgeblich mit KI generierte Inhalte werden bei der Publikation stets als solche gekennzeichnet. Details dazu regeln die publizistischen Leitlinien der Unternehmenseinheiten der SRG.

Vertraulichkeit
Beim Einsatz von KI ist die Vertraulichkeit zu wahren. Insbesondere werden in nicht geprüfte und genehmigte KI-Tools keine Personendaten, urheberrechtlich geschützte Inhalte oder Geschäftsgeheimnisse der SRG und ihrer Vertragspartner eingegeben.

 

6
Grundsätze der UBI-Rechtsprechung

Die UBI hat Guidelines verfasst, welche die Grundsätze ihrer Rechtsprechung zu den wichtigsten Programmbestimmungen zusammenfassen. Detaillierte Verweise auf Entscheide der UBI finden sich auch unter den entsprechenden Suchbegriffen in der UBI-Datenbank.

Aufsichtstätigkeit der UBI
Die UBI hat sich gemäss bundesgerichtlicher Praxis auf eine Rechtskontrolle zu beschränken. Sie darf keine Fachaufsicht ausüben und insbesondere nicht die Qualität von Sendungen und Beiträgen beurteilen. Bei der Prüfung von Publikationen hat sie der den Veranstaltern zustehenden Programmautonomie gebührend Rechnung zu tragen. Der UBI obliegt die Prüfung sowohl linear ausgestrahlter Radio- und Fernsehsendungen als auch redaktionell gestalteter Online-Inhalte.

Sachgerechtigkeitsgebot

Bei Sendungen und Beiträgen mit Informationsgehalt muss das Publikum in die Lage versetzt werden, sich aufgrund der vermittelten Fakten und Meinungen eine eigene Meinung zu den behandelten Themen bilden zu können. Umstrittene Aussagen sowie Ansichten und Kommentare müssen als solche erkennbar sein. Fehler in Nebenpunkten und redaktionelle Unvollkommenheiten, die nicht geeignet sind, den Gesamteindruck der Ausstrahlung wesentlich zu beeinflussen, sind nicht relevant. Hat sich das Publikum keine eigene Meinung über einen Sachverhalt oder ein Thema bilden können, prüft die UBI zusätzlich, ob zentrale journalistische Sorgfaltspflichten eingehalten wurden. Ist dies nicht der Fall, liegt eine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots vor. Wenn in Sendungen und Beiträgen schwerwiegende Vorwürfe gegen Personen, Unternehmen oder Behörden erhoben werden und dadurch ein erhebliches materielles und immaterielles Schadensrisiko für die Betroffenen besteht, gelten qualifizierte Anforderungen bezüglich der Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflichten. Erforderlich ist eine sorgfältige Recherche, die sich auf Details der Anschuldigungen erstreckt. Es ist überdies unabdingbar, den Standpunkt der Angegriffenen in geeigneter Weise darzustellen. Das Sachgerechtigkeitsgebot verlangt aber nicht, dass alle Standpunkte qualitativ und quantitativ gleichwertig dargestellt werden. Bei Sendungen und Beiträgen, die in einem thematischen Zusammenhang mit Wahlen oder Abstimmungen stehen, bestehen erhöhte Sorgfaltspflichten, weil der politischenMeinungsbildung ein hoher Stellenwert zukommt. Im Vordergrund steht die Gewährleistung der Chancengleichheit zwischen den Parteien beziehungsweise zwischen den Kandidatinnen und Kandidaten.

Wenn in redaktionellen Sendungen und Beiträgen ohne Entgelt Schleichwerbung für ein Produkt oder eine Dienstleistung gemacht wird, berührt dies auch das Sachgerechtigkeitsgebot. Redaktionelle Sendungen dürfen nicht als Werbeplattform missbraucht werden. In diesem Sinne verbotene Schleichwerbung liegt bei Aussagen oder Bildern mit werbendem Charakter vor, die zur Vermittlung einer Information oder zur Gestaltung einer realitätsgerechten Umgebung nicht erforderlich sind.

Vielfaltsgebot

Das Vielfaltsgebot richtet sich im Gegensatz zum Sachgerechtigkeitsgebot nicht an eine einzelne Sendung, sondern an mehrere Sendungen, die in einem sachlichen Zusammenhang miteinander stehen. Es will einseitige Tendenzen bei Radio und Fernsehen insgesamt verhindern. Diese sollen insbesondere auch nicht ausschliesslich die politisch oder gesellschaftlich herrschenden Ansichten vermitteln. Vielmehr haben die konzessionierten Radio- und Fernsehprogramme gesamthaft die politische und weltanschauliche Vielfalt zu widerspiegeln. Ausnahmsweise gilt das Vielfaltsgebot auch für einzelne Sendungen und Beiträge, insbesondere dann, wenn sie im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen publiziert werden. Hier trifft den konzessionierten Veranstalter in der sensiblen Zeit vor Wahlen und Abstimmungen eine erhöhte Sorgfaltspflicht, die umso strikter zu beachten ist, je ausgeprägter der Wahl- und Abstimmungscharakter der Sendung bzw. des Beitrags ist. Das Vielfaltsgebot soll in diesem Kontext verhindern, dass die Meinungsbildung des Publikums einseitig beeinflusst und das Wahl- oder Abstimmungsergebnis dadurch möglicherweise verfälscht wird.

Öffentliche Sicherheit
Eine Verletzung der Bestimmung über die öffentliche Sicherheit des Bundes oder von Kantonen ist anzunehmen, wenn eine ausgestrahlte Sendung oder ein publizierter Beitrag selbständig eine konkrete Gefährdung der Sicherheit bewirkt.

Gewalt
Im Zusammenhang mit der Darstellung von Gewalt ist zwischen Informationssendungen und fiktionalen Ausstrahlungen zu unterscheiden. Im Rahmen vonInformationssendungen ist eine unzulässige Verherrlichung oder Verharmlosung von Gewalt anzunehmen, wenn die Gewaltdarstellung reinem Selbstzweck dient und unverhältnismässig ist. Die UBI prüft, ob die ausgestrahlten Gewaltszenen für eine sachgerechte Informationsvermittlung notwendig sind. Im Bereich der Fiktion ist dagegen primär entscheidend, ob die Ausstrahlung dem Publikum eine gebührende Distanz zu den gezeigten Gewaltdarstellungen ermöglicht. So können etwa die besondere Machart eines Films sowie der Einsatz besonderer formaler und ästhetischer Mittel eine entsprechende Distanz schaffen, selbst bei eindringlichen Gewaltbildern. Zusätzlich ist im Rahmen des Tatbestands der Gewaltverherrlichung beziehungsweise Gewaltverharmlosung jeweils auch die Intensität der ausgestrahlten Gewaltdarstellungen zu prüfen. Schliesslich gilt es, die Art der Einbettung in das Programm zu berücksichtigen. Zu nennen sind dabei etwa die Ausstrahlungszeit, das Sendegefäss und warnende Hinweise.

Öffentliche Sittlichkeit
Die UBI trägt bei der Beurteilung einer Sendung im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der Bestimmung über die Gefährdung der öffentlichen Sittlichkeit den gesellschaftlichen Änderungen bezüglich des Sittlichkeitsgefühls in geschlechtlichen Dingen Rechnung. Entscheidend ist, dass Darstellungen mit sexuellen Inhalten nicht als Selbstzweck dienen oder Menschen zu Unterhaltungszwecken zum Objekt voyeuristischer Neigungen entwürdigen. Zusätzlich ist durch eine geeignete Ausstrahlungszeit und gegebenenfalls eine Warnung beziehungsweise eine entsprechende Anmoderation dem Jugendschutz Rechnung zu tragen. Sendungen mit primär erotischen Inhalten sind nach 23.00 Uhr auszustrahlen. Die Ausstrahlung von pornografischen Darstellungen ist grundsätzlich untersagt. Die Bestimmung bezweckt neben der Wahrung des Sittlichkeitsgefühls in geschlechtlichen Dingen den Schutz grundlegender kultureller Werte.

Schutz der Menschenwürde
Die rundfunkrechtlich gebotene Achtung der Menschenwürde verbietet insbesondere die unnötige Blossstellung, das Lächerlichmachen oder erniedrigende Darstellungen von Personen. Menschen sollen mit dem gebührenden Respekt und nicht als «blosse Objekte» behandelt werden.

Jugendschutz
Die Verbreitung von Sendungen, die geeignet erscheinen, die körperliche, geistig-seelische, sittliche oder soziale Entwicklung von Minderjährigen zu beeinträchtigen, ist untersagt, wenn anzunehmen ist, dass diese die Ausstrahlung aufgrund der Sendezeit sehen können. Programmveranstalter haben mit der Wahl der Sendezeit oder sonstigen Massnahmen die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen.

Religiöse Gefühle
Der besondere Schutz der religiösen Gefühle ist Ausfluss der verfassungsrechtlich gewährleisteten Glaubensfreiheit. In ihrer Praxis unterscheidet die UBI zwischen zentralen Glaubensinhalten und der Kirche als Institution beziehungsweise kirchlichen Würdenträgern. Einen privilegierten Schutz geniessen lediglich die zentralen Glaubensinhalte. Wenn eine Sendung entsprechende Inhalte berührt, können religiöse Gefühle und Überzeugungen von gläubigen Menschen besonders leicht verletzt werden. Stellt eine Sendung in erheblicher Weise zentrale Glaubensinhalte negativ und verletzend dar, verstösst dies gegen den gebotenen Schutz religiöser Gefühle.

Schutz der Privatsphäre
Liegen in einem konkreten Fall weder überwiegende öffentliche Interessen an einer Nennung des Namens oder der Ausstrahlung des Bildes noch eine explizite oder implizite Einwilligung der betroffenen Person vor, gebietet sich eine Anonymisierung dieser Gestaltungselemente.

Satire/Humor
Satirische und generell humoristische Äusserungen geniessen einen erhöhten Schutz. Voraussetzung ist, dass der satirische beziehungsweise humoristische Charakter einer Darstellung oder eines Textes gegeben ist und für das Publikum als solcher erkennbar ist. Es bestehen aber Grenzen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Schutz der Menschenwürde oder den religiösen Gefühlen. Letztere dürfen nicht in erheblicher Weise berührt werden.